Kunst und die Kraft des Tageslichts
Durch eine beeindruckende Vielfalt an Formen und Erfahrungen nutzt Lighten Up! die Kunst, um unsere Verbindung zum Licht und die entscheidende Rolle der zirkadianen Rhythmen zu erforschen. Neunzehn Kunstwerke von renommierten Künstlern und Architektinnen zelebrieren die Kraft und Schönheit des Tageslichts, führen uns in die Geheimnisse der biologischen Uhren ein, bieten alternative Darstellungen der Zeit oder erforschen die Geheimnisse von Schlaf und Träumen.
Circadian Dreams, Helga Schmid, 2022, Foto: Suzanne Zhang
Essenz des Lichts
Drei Installationen bringen die Besuchenden dazu, über das Wesen des Lichts nachzudenken. Die faszinierenden optischen Geräte von Embodied Light des amerikanischen Künstlers James Carpenter ermöglichen es uns, den ganzen Tag über mit den wechselnden Qualitäten der leuchtenden Umgebung zu interagieren und in sie einzutauchen. Your circadian embrace des isländisch-dänischen Künstlers Olafur Eliasson strahlt Sonnenlicht in einen dunklen Raum und nutzt die Dynamik des Sonnenlaufs, um die einzigartige Position des Betrachters auf der Erde deutlich zu machen, während sich der Planet dreht. Mit Blick auf den Einfluss des Lichts auf die Evolution hat der Schweizer Künstler Alan Bogana Lichtstrahlen materialisiert, um in Light-Oriented Ontologies – The Beginnings, einem Kunstwerk, das er als Artist-in-Residence an der EPFL entwickelt hat, die frühesten Zeugnisse des Sehens zu untersuchen.
Tageslicht-Dynamik
Die Dynamik des Tageslichts, sein Platz und seine Rolle in unserem Leben und in den Räumen, die wir bewohnen, stehen im Mittelpunkt von drei Installationen. Circa Diem, entwickelt von einem Team aus Studierenden, Designerinnen, Ingenieuren und Forschenden der EPFL und HEAD-Genève unter der Leitung von EPFL-Professorin und Lighten Up!-Kuratorin Marilyne Andersen, ist eine beeindruckende immersive Installation, die den Einfluss der gebauten Umwelt auf unsere Exposition gegenüber Tageslicht hervorhebt und die Beziehungen zwischen urbanem Lebensstil und Lichthygiene reflektiert. Das virtuelle Circadian House des französisch-britischen Architekten Colin Fournier macht das Publikum mit dem Konzept eines kleinen Hauses vertraut, das ausschliesslich von natürlichem Licht beleuchtet wird, und zeigt das tägliche Leben seiner beiden Bewohnenden. Habitat, von Siegrun Appelt und Constanze Müller, nutzt Kinderstimmen, um Erwachsene zu den Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Chronobiologie, Gesundheit und Tageslicht anzusprechen.
Circadian House, Colin Fournier, 2021, Bild: Lorenz Kleemann
Biologische Uhren
Fünf Installationen ermöglichen es den Besucherinnen und Besuchern, die Komplexität der biologischen Uhren zu ergründen, die subtilen Mechanismen, die unser Verhalten und das aller lebenden Organismen in ihrer Tag-Nacht-Umgebung optimieren. 10 000 Waking Bees der neuseeländischen Künstlerin Anne Noble befasst sich mit dem Zeitgefühl von Bienen, deren innere Uhr durch eine Betäubung angehalten wird, wodurch ihre Navigation zurück zum Bienenstock beim Erwachen gestört wird. Circadian Bloom der britischen Künstlerin Anna Ridler nutzt die vorhersehbaren Blütezeiten verschiedener Blumen, um eine digitale Uhr zur Zeitanzeige zu gestalten. Die beiden Installationen des Schweizer Künstlers Robin Meier Wiratunga, Synchronicity (16mm) und Synchronicity, rhythmisieren die biolumineszenten Signale tausender Glühwürmchen mit externen Lichtsignalen. Die interaktive Installation The Clocks Around and Within Us befasst sich mit der Geschichte und den Entdeckungen der Chronobiologie, der Wissenschaft, die alle Kunstwerke der Ausstellung miteinander verbindet. Ihr Inhalt wurde von der emeritierten Professorin und Lighten Up! Kuratorin Anna Wirz-Justice zusammen mit einem grossen Team von Mitwirkenden entwickelt.
Natur der Zeit
Zwei Installationen stellen unser Verhältnis zur Zeit in Frage und plädieren für eine Neuausrichtung unseres Zeitempfindens. Circa Solar des britischen Designers Ted Hunt ist eine Digitaluhr mit App, die die Zeit von traditionellen Formen befreit und sie als die sich über das Jahr verändernde Tageslänge in Form von Licht und Dunkelheit mit Übergängen in der Morgendämmerung und der Abenddämmerung darstellt. Circadian Dreams der deutschen Künstlerin Helga Schmid ist eine immersive Installation, die ein alternatives Zeitsystem simuliert, das auf den verschiedenen zirkadianen Verhaltensphasen des menschlichen Körpers basiert.
Ruhe-Aktivitäts-Zyklen
Alle Organismen weisen zirkadiane Rhythmen auf, und der offensichtlichste beim Menschen ist der Schlaf-Wach- oder Ruhe-Aktivitäts-Zyklus. Während Circadian Rhythms des französischen Künstlers Kirell Benzi die Aktivitäts-Ruhe-Daten von drei Menschen mit unterschiedlichen Berufen visualisiert, um ihre charakteristischen Tagesmuster aufzuzeigen, verfolgen zwei andere Installationen die individuellen Ruhe-Aktivitäts-Zyklen und die Lichtexposition über viele Jahre hinweg. Die Serie SunDial: NightWatch der britischen Künstlerin Susan Morris besteht aus drei Jacquard-Wandteppichen, deren Länge und Muster die Schlaf-Wach-Rhythmen und die Lichtexposition der Künstlerin über einen Zeitraum von fünf Jahren veranschaulichen und von ihnen bestimmt werden. Cyclus und Panorama des verstorbenen deutschen Künstlers Andreas Horlitz sind zwei monumentale Installationen, die teilweise im Ausstellungsraum von Lighten Up! reproduziert werden. Die erste bestand in ihrer ursprünglichen Form aus sieben Jahren Ruheaktivitätsdaten, die in eine 24,5 m hohe, von innen beleuchtete Säule eingraviert waren, während die zweite aus achtundzwanzig Leuchtkästen bestand, die jeweils einen geätzten Silberspiegel-Ruheaktivitätszyklus von Individuen enthielten, der die menschliche Lebensspanne von der Geburt bis zum Alter abdeckt.
Cyclus, Andreas Horlitz, von unten
Geheimnisse des Schlafs und der Träume
Zwei Installationen schliesslich befassen sich mit der unsichtbaren und unbewussten Natur von Schlaf und Träumen. Die amerikanische Künstlerin Liliane Lijn erforscht ihre eigenen Träume und nutzt sie als primäre Quelle für ihre dreiteilige skulpturale Installation Sweet Solar Dreams. Der Schweizer Künstler Rafael Gil Cordeiro extrahiert Daten aus Wearables, die die Schlafphysiologie messen, und übersetzt sie in die 3D-gedruckten Skulpturen von print my sleep, bei denen die Einzigartigkeit des individuellen Schlafmusters die endgültige Form jedes Objekts bestimmt.