Algorithmische Musik in den Pavillons der EPFL
Vom Mittelalter bis zum Zeitalter der künstlichen Intelligenz: Die Ausstellung Musica ex Machina, die soeben in den Pavillons der EPFL eröffnet wurde, feiert die Leistungen visionärer Persönlichkeiten, die über Jahrhunderte hinweg die Art und Weise, wie Musik konzipiert, komponiert und aufgeführt wird, durch die Technologien ihrer Zeit neu definiert haben. Die Ausstellung ist ein Fest der musikalischen Innovation, eine Hommage an diejenigen, die die Grenzen ihrer Kunst durch die Einbeziehung von Computern und Maschinen erweitert haben, und eine Einladung, über die Zukunft in einer Welt nachzudenken, in der Technologie und Musik zunehmend miteinander verflochten sind.
Die Ausstellung wurde von zwei EPFL-Professoren initiiert, Sarah Kenderdine vom Labor für experimentelle Museologie (eM+) und Martin Rohrmeier vom Labor für digitale und kognitive Musikwissenschaft (DCML), zusammen mit den Professoren Paul Doornbusch und Jonathan Impett, die für ihre Musikforschung weltweit bekannt sind. Musica ex Machina ist noch bis zum 29. Juni 2025 an der EPFL zu sehen.
Die in den USA lebende französische Künstlerin Laetitia Sonami mit dem Lady's Glove v. 4, einem von ihr erfundenen gestenbasierten elektronischen Musikinstrument. © DR
Musik und Algorithmen: eine alte Geschichte
Während Algorithmen heute untrennbar mit Computern und digitalen Technologien verbunden sind, umspannt ihre Geschichte mehrere Jahrhunderte. Die Ausstellung zeigt, dass Komponisten und Musiktheoretiker lange vor dem Aufkommen von Computern von mathematischen Strukturen und logischen Regeln inspiriert wurden, um ihre Kunst zu formalisieren.
Im Mittelalter legte die Entwicklung der musikalischen Notation und der symbolischen Darstellung den Grundstein für die moderne Musik. Diese Fortschritte ebneten den Weg für komplexere, insbesondere polyphone Kompositionen, in denen sich mehrere Melodien nach präzisen algorithmischen und harmonischen Regeln überlagern. Die Reise geht weiter von den frühen Automaten im 18. Jahrhundert bis zur modernen Informatik und KI, über die atonale Musik und die avantgardistische elektronische Musik des 20.
Die Ausstellung erforscht auch nicht-westliche Musiktraditionen, die algorithmische und prozedurale Elemente verwenden, wie das indonesische Gamelan, die zentralafrikanische Musik oder die nordindische rāga. Diese Traditionen erinnern uns daran, dass algorithmisches Denken universell ist und vielen Musikkulturen weltweit innewohnt.
Abenteuerliche und visionäre Figuren
Auf dieser chronologischen Reise würdigt Musica ex Machina visionäre Persönlichkeiten, die die Geschichte der Musik geprägt haben. Besonders hervorgehoben werden die Beiträge von Guido d'Arezzo, dem Musiker, der die Grundlagen der modernen Musiknotation schuf, von Leonhard Euler, einem Pionier in der Anwendung mathematischer Konzepte auf die Musiktheorie, von Ada Lovelace, der Vorreiterin der Computerprogrammierung, oder von Karlheinz Stockhausen, einem der führenden Vertreter der elektronischen Musik.
Das Senior Expert Gramophone ist das erste seiner Art mit einem Horn, dessen Beschleunigung des Durchmessers mathematisch berechnet wurde. © DR
Der Einfluss der Technologie auf das Musikschaffen
Die Ausstellung untersucht auch die Verbindungen zwischen technischen Innovationen und neuen musikalischen Ausdrucksformen. Von den ersten Versuchen, Klänge zu kodieren, bis zur Erfindung des Phonographen hat jede Innovation die kreativen Möglichkeiten der Komponisten erweitert.
Auch die Rolle elektronischer Instrumente wird beleuchtet, von mechanischen Klavieren und automatischen Instrumenten bis hin zu modularen Synthesizern und Computern. Mehrere dieser Instrumente sind ausgestellt, während ein zeitgenössisches Beispiel eines digitalen mechanischen Klaviers, das im Mittelpunkt der Ausstellung steht, komplexe algorithmische Kompositionen spielt, die zuweilen die menschlichen physischen Grenzen überschreiten.
Mit der künstlichen Intelligenz tritt die Musik in eine neue Ära ein. Die Fähigkeit von Maschinen, Millionen von Datenpunkten zu analysieren und autonom zu komponieren, wirft Fragen über das Wesen des künstlerischen Schaffens auf. Musica ex Machina präsentiert Werke, die sich diese Technologien zunutze machen, um die außergewöhnlichen Möglichkeiten zu erkunden, die sie bieten, und gleichzeitig die Rolle des Menschen im kreativen Prozess zu hinterfragen.
Einzigartige Installationen der EPFL-Laboratorien
Während der gesamten Ausstellung hat das Publikum die Möglichkeit, eine kuratierte Auswahl von Werken zu hören, die die lange Geschichte des algorithmischen Denkens in der Musik geprägt haben. Anhand von Aufnahmen, digitalen Visualisierungen oder Videos können die Besucherinnen und Besucher die innovative und einzigartige Kraft dieser Werke voll auskosten. Zwei der in der Ausstellung präsentierten Installationen stammen direkt aus den Labors der EPFL. Die erste, die von DCML entwickelt wurde, veranschaulicht die verschiedenen Formen der Komplexität in der westlichen Musiktradition durch vier digitale Visualisierungen. Die zweite, die von eM+ entwickelt wurde, ermöglicht es den Besuchern, die Archive des Komponisten, Architekten und Mathematikers Iannis Xenakis mit Hilfe eines 12 Meter langen interaktiven linearen Navigators zu erkunden.
Die Installation Life Codes der Komponistin Alexandra Cárdenas. © DR