Auswirkungen von eingeführten Baumarten auf den Wald
Fluch oder Segen? An gebietsfremden* Baumarten scheiden sich die Geister. Viele Forstleute pflanzen neben einheimischen Arten auch gebietsfremde, die der zunehmenden Sommertrockenheit trotzen können. In verschiedenen Teilen Europas sind Letztere bereits wichtige Holzlieferanten. Auf der anderen Seite befürchten Naturschützer ökologische Schäden, wenn beispielsweise einheimische Arten verdrängt oder Baumkrankheiten und Schadinsekten eingeschleppt werden.
Nun hat sich ein Team europäischer Forschender, geleitet von Thomas Wohlgemuth von der WSL, den Stand des Wissens zu den ökologischen Folgen von eingeführten Baumarten in Europa angeschaut. Es analysierte die Ergebnisse von insgesamt 103 Studien zu sieben solchen Arten. Alle diese Studien hatten untersucht, wie sich von gebietsfremden Baumarten dominierte Bestände im Vergleich zu Beständen einheimischer Baumarten auf die Artenvielfalt oder den Bodenzustand unter den Bäumen auswirkten. Zu den untersuchten Organismen gehörten Pflanzen, Moose, Mikroorganismen und Insekten vom Boden bis in die Baumkronen.
Von den sieben untersuchten eingeführten Arten wird in der Schweiz aktuell nur die Douglasie in grösserer Anzahl im Wald gepflanzt. Während Förster früher ihren schnellen, geraden Wuchs und ihr vielseitig verwendbares Holz schätzten, ist es heute ihre höhere Trockenheitstoleranz im Vergleich zur Fichte. Andere Arten sind problematisch, weil sie sich unkontrolliert ausbreiten können. So ist die nordamerikanische Robinie invasiv und kann heimische Arten verdrängen. Sie wurde bereits vor 400 Jahren nach Europa gebracht und in der Schweiz unter anderem dazu verwendet, um Böden zu befestigen.
Negativ-Effekte auf Artenvielfalt überwiegen
Über die gesamten 103 Studien hinweg gesehen überwogen die negativen Konsequenzen der gebietsfremden Arten für die Biodiversität. So zeigen 65 Studien, dass auf und bei Douglasien weniger Insektenarten leben. Auch Robinien verringern die Vielfalt der Insekten, Eukalyptus diejenige der Vögel. Das sei wenig überraschend, meint Wohlgemuth, Leiter der WSL-Forschungseinheit Walddynamik. Denn: «Diese Ergebnisse treffen auf Vergleiche zwischen Reinbeständen zu.» In zusammenhängenden, einheitlichen Pflanzungen schneiden viele eingeführte Arten klar schlechter ab als einheimische.
Doch gebietsfremde Arten haben nicht nur negative Auswirkungen. Im Boden unter Douglasien und Robinien wiesen etliche Studien im Vergleich zu einheimischen Vergleichsbaumarten einen erhöhten Stickstoffgehalt nach. Der Grund: Ihre Nadeln sind leichter abbaubar als beispielsweise Fichtennadeln. «Wenn es nur um Bodeneigenschaften geht, hat die Douglasie keinen negativen Einfluss,» sagt Wohlgemuth. Generell fanden gleich viele Studien positive wie negative Effekte der sieben nicht-einheimischen Arten auf den Boden.
Ausserdem macht es einen Unterschied, ob die gebietsfremden Arten näher oder entfernter mit europäischen Baumarten verwandt sind. «Baumarten ohne nähere Verwandte wie Eukalyptus und Akazie aus Australien verringern die Artenvielfalt über alle Studien hinweg stärker als näher verwandte Arten wie zum Beispiel Douglasie und Spätblühende Traubenkirsche aus Nordamerika», ergänzt Martin Gossner, Leiter der WSL-Gruppe Waldentomologie und Zweitautor der Studie.
Auf die Bewirtschaftung kommt es an
Die Bewirtschaftung hat einen wesentlichen Einfluss darauf, ob Douglasien oder andere Baumarten insgesamt gut oder schlecht für einen Wald sind. Einheitliche und dichte Douglasien-Bestände sind als Lebensraum für viele Organismen ungeeignet. Das Gleiche gilt jedoch auch für die Fichten, die in den letzten 100 Jahren in Tieflagen Mitteleuropas grossflächig für die Holzgewinnung angepflanzt wurden. Hingegen würden Douglasien in Beständen einheimischer Waldbäume, einzeln oder in kleinen Gruppen, das Ökosystem kaum stören, meint Wohlgemuth: «Wir folgern, dass der Einfluss auf die einheimische Biodiversität gering ist, wenn man die Douglasie beimischt.»
Sollen nun Förster gebietsfremde Baumarten anpflanzen oder nicht? Trotz gewisser negativer Aspekte würde Wohlgemuth nicht zum Totalverzicht raten. «Gerade bei der Douglasie zeigen die Fakten, dass den negativen Auswirkungen von Reinbeständen auf die einheimische Biodiversität auch Chancen für die Erhaltung von Ökosystemleistungen gegenüberstehen, insbesondere im Hinblick auf den ungebremsten Klimawandel.»