Ultraschnelle Kontrolle von Spins in einem Mikroskop
«Technologische Fortschritte in den Bereichen Berechnung, Datenspeicherung und Sensorik erfordern neue Techniken zur Kontrolle der magnetischen Eigenschaften von Materialien im Nanobereich», sagt Professor Fabrizio Carbone von der EPFL School of Basic Sciences. Eine dieser Eigenschaften ist der «Spin», der sich auf die magnetische Ausrichtung einzelner Atome bezieht.
Der Spin hat in den letzten Jahren grosses Interesse geweckt und das Feld der Spinelektronik oder «Spintronik» entstehen lassen. Neben der grundlegenden Erforschung des Spins besteht das praktische Ziel der Spintronik darin, nicht nur die Ladung der Elektronen – wie in der herkömmlichen Elektronik – zu nutzen, sondern auch ihren Spin, wodurch ein zusätzlicher Freiheitsgrad geschaffen wird, der die Effizienz der Datenspeicherung und -übertragung verbessern kann.
«Die Visualisierung und deterministische Kontrolle von sehr wenigen Spins wurde bisher noch nicht auf ultraschnellen Zeitskalen erreicht», sagt Dr. Phoebe Tengdin, Postdoktorandin in Carbones Labor, und verweist auf den sehr engen Zeitrahmen, in dem diese Kontrolle stattfinden muss, damit die Spintronik jemals den Sprung in die Anwendung schafft.
Nun hat Tengdin zusammen mit ihrem Doktoranden Benoit Truc und ihrem Postdoc-Kollegen Dr. Alexey Sapozhnik eine neue Technik entwickelt, mit der die Rotation einer Handvoll Spins, die in einer wirbelartigen Struktur angeordnet sind, sichtbar gemacht und kontrolliert werden kann.
Dazu verwendeten die Wissenschaftlerinnen Abfolgen von Laserpulsen im Femtosekundenbereich (10-15 oder ein Billiardstel einer Sekunde). Durch die richtige Anordnung der Laserpulse konnten sie die Drehung der Spins in einem Selen-Kupfer-Mineral steuern, das in der Fachwelt unter seiner chemischen Zusammensetzung Cu2OSeO3 bekannt ist. Das Mineral ist auf dem Gebiet der Spintronik sehr beliebt, da es ein ideales Testfeld für die Untersuchung von Spins darstellt.
Die Forschenden kontrollierten die Spins mit Laserpulsen und fanden heraus, dass sie sogar ihre Ausrichtung nach Belieben ändern konnten, indem sie einfach die Verzögerungszeit zwischen aufeinanderfolgenden Antriebspulsen veränderten und die Laserpolarisation anpassten.
Doch damit war die Studie noch nicht zu Ende. Durch den Einsatz eines Transmissionselektronenmikroskops, das Dimensionen im Nanomassstab «sehen» kann, konnte das Team die Spinänderungen auch tatsächlich abbilden. Dieser Durchbruch hat enorme Auswirkungen auf die grundlegenden Aspekte der Spintronik.
Die Arbeit bietet dem Bereich ein neues Protokoll zur Kontrolle magnetischer Texturen auf ultraschnellen Zeitskalen und eröffnet aufregende neue Möglichkeiten für Spin-Schalter in Informationsspeichergeräten der nächsten Generation.
«Unsere Experimente zeigen, dass es möglich ist, eine Handvoll Spins bei sehr hoher Geschwindigkeit mit einem Lichtstrahl mittlerer Intensität zu manipulieren und abzubilden», sagt Tengdin, «ein solcher Effekt kann in ultraschnellen Geräten mit geringem Verbrauch, die mit Spins arbeiten, ausgenutzt werden. Neue Arten von Speichern oder Logikgattern sind mögliche Kandidaten, ebenso wie hochpräzise Sensoren.»