Aussergewöhnliches magnetisches Material für energieeffizientere Computer
In der Welt der Materialwissenschaft werden ständig Materialien mit exotischen Eigenschaften entdeckt oder hergestellt. Dazu gehören die Multiferroika, eine einzigartige Klasse von Materialien, die gleichzeitig magnetisiert und polarisiert werden können, was bedeutet, dass sie sowohl auf magnetische als auch auf elektrische Felder reagieren.
Diese beiden Eigenschaften in einem einzigen Material zu haben, hat die Multiferroika für die Forschung und für kommerzielle Zwecke sehr interessant gemacht, mit potenziellen Anwendungen von fortschrittlicher Elektronik bis hin zu Speichermedien der nächsten Generation. Durch das Verständnis und die Nutzung der Eigenschaften von Multiferroika wollen die Forschenden effizientere, kompaktere und sogar energiesparende Technologien entwickeln.
Jetzt hat eine internationale Forschungskooperation einige faszinierende Eigenschaften des multiferroischen Mangan-dotierten Germaniumtellurids (Mn-dotiertes GeTe) aufgedeckt. Der «dotierte» Teil des Namens bedeutet einfach, dass eine kleine Menge an Manganatomen (Mn) in die Kristallstruktur des Germaniumtellurids (GeTe) eingebracht wurde, um dessen Eigenschaften zu verändern. Die Arbeit ist vielversprechend für die Zukunft energieeffizienter Computer, bietet aber auch ein tieferes Verständnis des kollektiven Verhaltens in multiferroischen Materialien.
Das Projekt wurde von den Professoren Hugo Dil von der EPFL, Gunther Springholz von der Johannes Kepler Universität Linz und Jan Minár von der Westböhmischen Universität geleitet.
Mn-dotiertes GeTe ist für seine einzigartigen ferroelektrischen und magnetischen Eigenschaften bekannt. Die neue Studie hat nun aber herausgefunden, dass es auch eine magnetische Ordnung besitzt, die sich von typischen Ferromagneten wie Eisen unterscheidet, die sich an einem Magnetfeld ausrichten. Stattdessen fanden die Forschenden heraus, dass Mn-dotiertes GeTe die Eigenschaften eines Ferrimagneten aufweist.
Was ist ein Ferrimagnet? Im Gegensatz zu «normalen» Magneten, wie wir sie an unsere Kühlschränke kleben, handelt es sich bei einem Ferrimagneten eher um zwei Magnete mit leicht unterschiedlicher Stärke, die sich übereinander legen. Die Entdeckung, dass sich Mn-dotiertes GeTe so verhält, bedeutet, dass wir jetzt mehr Flexibilität haben, um die Richtung der Magnetisierung zu steuern – eine wesentliche Eigenschaft für eine Reihe von Technologien.
Dies erwies sich als wichtig, da es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglichte, eine Methode zu entwickeln, mit der die Effizienz beim Umschalten der Magnetisierungsrichtung um erstaunliche sechs Grössenordnungen gesteigert werden konnte. Anstatt dies auf herkömmliche Weise zu tun, indem sie einen grossen Stromimpuls auf Mn-dotiertes GeTe aufbringen, verwendeten sie stattdessen einen kleinen, konstant schwankenden elektrischen Strom (Wechselstrom), gefolgt von einem winzigen Stromstoss genau im richtigen Moment – ein bisschen so, als würde man eine Schaukel im richtigen Moment anschieben, damit sie mit weniger Kraftaufwand höher steigt. Die Forschenden nannten dieses Phänomen «stochastische Resonanz».
Dieser winzige «Stupser» verursachte eine Veränderung, die sich schnell im gesamten Mn-dotierten GeTe ausbreitete, wie ein Plätschern in einem Teich. Dies geschah, weil sich das Material ein wenig wie ein Festkörper und ein wenig wie eine Flüssigkeit verhält – im Grunde wie ein Glas: Eine Veränderung in einem Teil verursacht eine Kettenreaktion, die andere Teile verändert.
Methode zum magnetischen Schalten auf Mn-dotiertem GeTe. Bildrechte: Hugo Dil (EPFL)
Technisch ausgedrückt, breitete sich der magnetische Schalter durch kollektive Anregungen, d. h. koordinierte kollektive Bewegungen einer grossen Anzahl von Elektronenspins innerhalb des Materials, schnell über das Mn-dotierte GeTe aus. «Dies ist möglich, weil das System ein korreliertes Spin-Glas bildet, in dem sich die lokalen magnetischen Momente in einem glasartigen Zustand befinden, ähnlich wie Atome in einem altmodischen Fenster», erklärt Hugo Dil. «Wenn ein Spin gezwungen wird, seine Ausrichtung zu ändern, breitet sich diese Information wie eine Welle durch die Probe aus und veranlasst die anderen magnetischen Momente, sich ebenfalls zu ändern.»
Er fügt hinzu: «Für technische Anwendungen ist diese Steigerung der Schalteffizienz natürlich sehr interessant. Sie kann schliesslich zu Computern führen, die weniger als ein Millionstel der derzeit benötigten Energie benötigen, um ein Bit zu schalten. Was mich als Physiker jedoch wirklich interessiert, ist das kollektive Verhalten. Wir planen jetzt weltraum- und zeitgelöste Experimente, um zu verfolgen, wie sich diese Anregungen ausbreiten und wie wir sie kontrollieren können.»