Wirtschaftswälder auf Trockenheit vorbereiten
Wie gut können Wälder Trockenheit aushalten und was können Forstleute tun, um ihre Widerstandsfähigkeit und Resilienz zu stärken? Dies wollten WSL-Forschende herausfinden und konnten dafür auf ein einzigartiges Langzeitexperiment der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) in Südwestdeutschland zurückgreifen: An sechs Versuchsstandorten mit Fichten- und Weisstannenwäldern wurde seit den 1970er Jahren eine besondere Waldbewirtschaftung erforscht, der Femelschlag. Dabei lässt man beim Holzschlag Gruppen von Bäumen stehen. In den frei werdenden Lücken samen sich dann neue Bäume an und es entsteht ein altersmässig gestufter Wald.
Jeder einzelne Baum auf den Flächen wurde im Laufe der Zeit genau vermessen. Einen Rückschluss auf die Schweizer Wälder ermöglichte anschliessend der Vergleich mit mehr als 300 Testflächen zum Waldwachstum (EFM), welche die WSL teilweise schon seit über 100 Jahren beobachtet.
Fichte und Weisstanne sind die wichtigsten Baumarten für die Waldbranche: Die Fichte ist der Hauptholzlieferant, hat aber vielerorts wegen Trockenheit und Borkenkäfern keine Zukunft. Die Weisstanne gilt als Ersatz für die Fichte, da ihre Wurzeln tiefer reichen und sie somit besser an Wasserknappheit angepasst ist. «Beides sind zurzeit Megathemen in der Europäischen Waldszene, und zwar aus ökologischer wie aus ökonomischer Sicht», sagt Andreas Rigling, Leiter der WSL-Forschungseinheit Walddynamik.
Hohe und grosse Bäume empfindlicher für Trockenheit
Dank der Langzeitdaten aus Südwestdeutschland, ergänzt mit neuen Untersuchungen an diesen Standorten, konnte das internationale Forschungsteam die Wirkung von Trockenzeiten auf Fichten und Tannen erkunden. Die Messungen zum Wachstum und zum Zustand der Bäume zeigten, dass Fichten schon unter leichter Trockenheit litten, während Weisstannen noch genügend Wasser erschliessen können und somit von höheren Temperaturen sogar profitieren konnten.
Bei extremer Trockenheit, zum Beispiel 2003 und 2011, kränkelten dann auch die Tannen, obgleich immer noch weniger als die Fichten. Dabei spielte es eine Rolle, wie dicht die Bäume standen, aber auch wie gross sie waren – beides Faktoren, die von der Waldbewirtschaftung beeinflusst werden können. «Grosse und hohe Bäume sind empfindlicher für Wasserknappheit, da sie das Wasser bis in die Krone hochsaugen müssen», erklärt Alessandra Bottero von der Forschungsgruppe Ökosystem-Ökologie der WSL, die Erstautorin der Studie.
Wälder im Hinblick auf Trockenstress bewirtschaften
Es gibt somit mehrere Ansätze, wie Forstleute die Anfälligkeit der Wirtschaftswälder auf Trockenstress verkleinern können: Den Baumbestand ausdünnen, an trockenen und warmen Standorten die Weisstanne und trockentolerante Laubhölzer fördern oder die Bäume nicht zu gross werden lassen. Diese Erkenntnisse stimmen mit jenen aus den Langzeituntersuchungen der WSL in der Schweiz überein, wie den Durchforstungs- und Bewässerungsexperimenten im Pfynwald, einem Waldföhrenwald, erklärt Bottero. «Es ist ermutigend, dass wir in Wäldern mit unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen und Artenzusammensetzungen vergleichbare Beobachtungen machen.»
Welche Eingriffe die Försterinnen und Förster machen sollen und wie oft, hängt von der Baumartenzusammensetzung, aber auch vom Standort, der Entwicklungsphase und der Funktion des Waldes ab – ob er zum Beispiel eher Holz liefern oder langfristig vor Naturgefahren schützen soll. Die Forschenden kommunizierten das neu gewonnene Wissen in Workshops und werden die Ergebnisse des Projekts auch über Fachzeitschriften der Praxis vermitteln.