Optische Technologien können Energiebedarf von KI senken
Optische Technologien werden für Übertragung, Speicherung, Anzeige und Identifizierung von Daten verwendet. Sie sorgen für die Verarbeitungsgeschwindigkeit, die Datenzentren benötigen, um effiziente Mittel für Kommunikation und Analyse bereitzustellen. Diese Technologien kommen zu einer Zeit, in der die riesigen Datenmengen von heute die Kapazität digitaler und elektronischer Computer überfordern, um sie zu kompilieren und wichtige Informationen zu extrahieren. Die Forschungsgemeinschaft hat ein starkes Interesse an der Informationsverarbeitung auf optischer Basis, um die für das maschinelle Lernen erforderlichen Hochgeschwindigkeitsberechnungen durchzuführen.
«Licht überträgt Informationen ohne physikalische Störungen durch Kabel. Das ist der Hauptvorteil der optischen Technologie, wenn es um die Übertragung von Daten geht», sagt Demetri Psaltis, Leiter des Optik-Labors der EPFL, das zur Fakultät für Ingenieurwissenschaft und Technologie gehört, und fügt hinzu: «Nehmen wir das Beispiel der künstlichen Intelligenz: Viele KI-Programme benötigen Beschleuniger, um schnelle Berechnungen mit minimalem Stromverbrauch durchzuführen. Optische Technologie könnte diesen Bedarf zwar theoretisch decken, hat aber noch nicht das Stadium der Anwendung erreicht – trotz eines halben Jahrhunderts Forschung. Das liegt daran, dass die optische Datenverarbeitung und Entscheidungsfindung noch keine Zeit- oder Energieeinsparungen ermöglicht.»
Inspiriert von neuronalen Netzen
Die Entwicklung von optischen Rechengeräten ist nach wie vor eine Herausforderung. Auch wenn die Berechnungen schnell durchgeführt werden, besteht die Schwierigkeit darin, die Ergebnisse mit der gleichen Geschwindigkeit und auf energieeffiziente Weise in den Speicher zu übertragen. Diesem Problem haben sich die Ingenieurfachleute des Labors von Psaltis zusammen mit den Kollegen des Labors für angewandte photonische Geräte von Christophe Moser, das ebenfalls zur Fakultät für Ingenieurwissenschaften gehört, angenommen. Sie entwickelten eine maschinelle Lernmethode namens SOLO (Scalable Optical Learning Operator), die Informationen in Form von zweidimensionalen Bildern erkennen und klassifizieren kann. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in Nature Computational Science veröffentlicht.
© Alain Herzog 2021 EPFL
Informatikfachleute haben elektronische Computer entwickelt, die von den neuronalen Netzen des Gehirns inspiriert sind. Diese Maschinen arbeiten mit neuronenähnlichen Prozessoren und den Verbindungen zwischen diesen Neuronen. Die Netze sind in Schichten aufgebaut, und diese Schichten sind es, die die Rechenleistung erzeugen. Je mehr Schichten, desto ausgefeilter ist die Entscheidungsfähigkeit des Computers. Im Jahr 1990 waren diese Netze eine Schicht tief, was 1 Million neuronaler Verbindungen entsprach. Heute enthalten die leistungsfähigsten Netze Dutzende von Schichten und Milliarden von Verbindungen. Dies ist ein technologischer Triumph, aber die grosse Anzahl von Verbindungen verbraucht eine grosse Menge an Energie.
«Ziel unserer Forschung ist es, den Energiebedarf durch den Einsatz anderer Verarbeitungsmethoden, insbesondere der Photonik, zu reduzieren», sagt Moser. Sein Team untersuchte daher die Verwendung von Glasfasern, um bestimmte Berechnungen durchzuführen: «Die Berechnungen werden automatisch durch die Ausbreitung von Lichtimpulsen in der Faser ausgeführt. Dies vereinfacht die Architektur des Computers, der nur eine einzige neuronale Schicht enthält, und macht ihn zu einem hybriden System», fügt Ugur Tegin, der leitende Koautor der Arbeit, hinzu.
Senkung des Strombedarfs um den Faktor 100
Um seine Technologie zu testen, verwendete das Team einen Datensatz, der aus Röntgenbildern von Lungen bestand, die von verschiedenen Krankheiten betroffen waren, darunter auch COVID-19. Anschliessend liessen sie die Daten durch SOLO laufen, um die vom Virus befallenen Organe zu identifizieren. Zum Vergleich liessen sie die Daten auch durch ein herkömmliches System der künstlichen Intelligenz mit 25 Schichten von Neuronen laufen. Das Ergebnis: «Beide Systeme klassifizierten die Röntgenstrahlen gleich gut. Allerdings verbrauchte unser System 100 Mal weniger Energie», so Moser. Das war das erste Mal, dass die Ingenieurfachleute quantifizierte Energieeinsparungen nachweisen konnten. Die höhere Energieeffizienz von SOLO könnte auch die Tür zu neuen Möglichkeiten in anderen Bereichen des ultraschnellen optischen Rechnens öffnen.
Hybride optische Rechensysteme entwickeln sich zu einer vielversprechenden neuen Technologie: «Sie kombinieren die Bandbreite und Geschwindigkeit der optischen Verarbeitung mit der Flexibilität der elektronischen Datenverarbeitung. In Verbindung mit Programmen der künstlichen Intelligenz in der Robotik, der Mikroskopie und anderen visuellen Rechenaufgaben könnten diese Hybridsysteme einige der transformativen Fähigkeiten erreichen, die lange Zeit als alleinige Aufgabe optischer Computer angesehen wurden», sagt Psaltis.