Mit dem Europäischen Erfinderpreis ausgezeichnet
«Vor Milliarden von Jahren hat die Natur die DNA als Festplatte ausgewählt, um darauf alle Informationen und Anweisungen für das Leben zu speichern. Digitale Informationen können leicht in synthetische DNA übersetzt werden und das hat viele Vorteile», meint ETH-Professor Wendelin Stark.
Patent vereint Natur und Hightech
In einer virtuellen Zeremonie am Abend des 17. Juni verlieh das Europäische Patentamt seinen Erfinderpreis 2021 in der Kategorie Forschung an die Professoren Robert Grass und Wendelin Stark. Es ehrt damit ihre Forschungserfolge in der Schaffung einer stabilen Datenspeicherung in glasverkapselter DNA. Stark wird in 24 europäischen Patenten genannt, Grass in 13. Sie sind zudem Co-Erfinder des 2018 erteilten europäischen Patents EP2831268, das ihnen die Nominierung für den Europäischen Erfinderpreis einbrachte.
«Grass und Stark zeigen, dass ein innovativer, interdisziplinärer Ansatz technologische Neuerungen mit potenziellem Nutzen für viele zukünftige Generationen liefern kann, besonders angesichts der zunehmenden Digitalisierung sämtlicher Bereiche der Gesellschaft», so der Präsident des Europäischen Patentamts António Campinos, als er die Professoren als Finalisten des Preises ankündigte.
«DNA hat eine wirklich hohe Speicherkapazität», sagt Robert Grass. «Eine ganze Bibliothek kann mit einer winzigen Menge an DNA für Jahrtausende gespeichert werden.» Grass, Professor und Chemieingenieur, und Professor Wendelin Stark, der das Functional Materials Laboratory an der ETH Zürich leitet, sind Pioniere im Verkapseln von DNA. In einer meisterhaften Verbindung von Natur und patentierter Technologie eröffnet ihre Erfindung eine neuartige Methode, digitale Daten in künstlicher DNA zu synthetisieren. Es ist sogar ein Korrekturmechanismus einprogrammiert, den der Ingenieur und Datenwissenschaftler Reinhard Heckel, ein damaliger Kollege an der ETH, beisteuerte. Das Team erzielte zudem eine fehlerfreie Datenwiederherstellung, sogar nach Tests unter Umweltbedingungen, die eine tausendjährige Speicherzeit simulieren.
Die dafür entwickelten Nano-Glaskügelchen haben einen 10’000 Mal kleineren Durchmesser als ein Blatt Papier. Sie schützen die DNA vor schädigenden Umwelteinflüssen, ähnlich wie Bernstein fossile Insekten schützt. Die Erfindung ermöglicht eine jahrtausendelange digitale DNA-Speicherung und begegnet damit den Herausforderungen des Datenspeicherbedarfs, den das exponentielle technologische Wachstum mit sich bringt.
Erstaunliches Anwendungspotenzial
Um die enorme Anwendungspalette ihrer neuartigen Technologie zu demonstrieren, taten sich Grass und Stark mit der englischen Band Massive Attack zusammen und codierten das Album «Mezzanine» zu seinem 20. Erscheinungsjahr in DNA. Die DNA des Albums wurde auch einem Farbspray beigemischt. Das damit geschaffene Kunstwerk besteht buchstäblich aus tausenden DNA-Kopien dieses Albums, die nun in der Farbe auf der Leinwand enthalten sind. Die Forscher codierten auch die erste Staffel der Netflix-Serie «Biohackers» in DNA und demonstrierten so die Vielseitigkeit der Technologie.
Die Speichermethode mit glasumhüllter DNA, die Professoren und ihr Forschungsteam seit 2012 entwickeln, wird von ehemaligen Doktoranden Michela Puddu and Gediminas Mikutis im ETH-Spin-off Haelixa AG kommerziell vermarktet. Sie selbst waren 2016 Mitbegründer. Haelixa nutzt die Erfindung von Grass und Stark etwa dazu, Edelsteine, Gold oder sogar Bio-Baumwolle zu kennzeichnen, um die Produktherkunft oder die Arbeitsbedingungen über die Lieferkette hinweg zuverlässig nachverfolgbar zu machen. Grass und Stark sind auch Mitbegründer einer Reihe weiterer Unternehmen, darunter die ETH-Spin-offs TurboBeads LLC und hemotune AG.