Wie man ein gebrochenes Herz heilt

Die EPFL arbeitet zusammen mit akademischen und industriellen Partnern an der Entwicklung eines Simulators für kardiale Eingriffe. Diese Plattform ist für die Ausbildung von Kardiologiefachleuten gedacht, ähnlich wie Flugsimulatoren für die Ausbildung von Pilotinnen und Piloten.
Simulator für kardiale Eingriffe © EPFL 2023

Bei immer mehr Herzoperationen wird ein kleiner Schlauch, ein so genannter Katheter, in ein Blutgefäss im Arm oder in der Leiste eingeführt und von dort in die Herzkammern eingeführt. Dies ist weitaus weniger traumatisch als eine Operation am offenen Herzen, aber die Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte für diesen Eingriff nimmt viel Zeit in Anspruch.

Im Rahmen des Projekts HEARTS (Heart Augmented Reality Training System) entwickeln Forschende des Labors für Computer Vision (CV Lab) der Fakultät für Informatik und Kommunikationswissenschaften (IC) der EPFL gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten des interventionellen MRT-Zentrums der kardiologischen Abteilung des Universitätsspitals Lausanne (CHUV) und dem Schweizer Unternehmen ADIS ein Augmented-Reality-Trainingssystem, mit dem Ärzte an virtuellen 3D-Modellen von echten Patientenherzen üben können.

ADIS ist mit der Entwicklung des Herzsimulators betraut, der es den Auszubildenden ermöglicht, einen echten Katheter in den «Patienten» einzuführen, der nichts anderes ist als ein leerer Kasten, der von Kameras überwacht wird, die den sich bewegenden Katheter beobachten. Die Bewegung wird in ein 3D-Modell des Katheters übertragen, das dann in ein 3D-Herzmodell eingesetzt wird. Auf diese Weise kann die oder der Auszubildende ohne Risiko an einem echten Patienten üben.

An der EPFL konzentriert man sich auf die Erstellung von 3D-Herzmodellen: «Wir haben ImHeart entwickelt, ein generatives 3D-Herzmodell, das die zusammengesetzte Natur des Herzens mit seinen vier getrennten Kammern richtig modelliert. Es enthält technologische topologische Beschränkungen, die sicherstellen, dass die Kammern richtig zusammenpassen, und wird durch einen latenten Vektor parametrisiert. Wir arbeiten jetzt an der Extraktion und Verfeinerung dieses latenten Vektors aus Magnetresonanztomographie-Bildern. Ziel ist es, die Erstellung kompletter Herzmodelle, einschliesslich Narben und Leitungskanälen, vollständig zu automatisieren», erklärt Professor Pascal Fua, Leiter des CV-Labors.

Das interventionelle MRT-Zentrum des CHUV stellte zunächst einen grossen MRT-Datensatz zur Verfügung, der Daten von einer grossen Anzahl von Patientinnen und Patienten enthielt und Anmerkungen zum Epikard, zum Endokard und zu den Informationen enthielt, die für die Berechnung von Narbengeweberegionen in der linken Hauptkammer des Herzens erforderlich sind. Die Qualität der Beschriftungen ermöglichte es den Forschenden des CV Labs, gute Ergebnisse bei den Testdaten zu erzielen.

«Ein zweiter grosser MRT-Datensatz aus dem interventionellen MRT-Zentrum des CHUV enthält Informationen über das gesamte Herz, und wir arbeiten derzeit daran, mit ihrer Hilfe genaue 3D-Herzmodelle aus diesen Daten zu extrahieren. In der Zwischenzeit hat ADIS ein integriertes System entwickelt, das die Informationen aus dem Katheterverfolgungsmodul aufnimmt und sie mit dem 3D-Herz visualisiert», so Fua weiter.

Mehrzweck-Plattform

Die Projektpartner hatten bei der Entwicklung der HEARTS-Plattform einen doppelten Zweck im Auge.

Zum einen wird sie Ärztinnen und Ärzten in der Ausbildung ermöglichen, an virtuellen 3D-Modellen echter Herzen zu üben. Ähnlich wie Flugsimulatoren für Pilotinnen und Piloten wird der Augmented-Reality-Simulator für das Herz die Risiken verringern, eine gründlichere Planung der Eingriffe fördern und die Kosten für die Ausbildung von Kardiologiefachleuten senken, die dann in den weitaus teureren Umgebungen operieren können, die für echte Eingriffe erforderlich sind.

Zweitens wird der Simulator in einem eher operationellen Kontext den Kardiologiefachleuten ermöglichen, Operationen zu simulieren und zu planen, bevor sie tatsächlich durchgeführt werden. Dies ist besonders wichtig für Patientinnen, die einen akuten Herzinfarkt überleben. Bei der derzeitigen modernen medizinischen Behandlung überleben zwar mehr dieser Patienten, doch kann es nach dem Infarkt zu einer inhomogenen Narbenbildung kommen, die zu bösartigen Herzrhythmusstörungen und plötzlichem Herztod führen kann. Um dies zu behandeln, setzen die Ärztinnen und Ärzte eine Katheterablation ein, um die gefährlichen «Leitbahnen» im Narbengewebe zu zerstören, was hochqualifizierte Interventionisten und eine sorgfältige Planung vor der Operation erfordert.

«Zu diesem Zweck werden die tatsächlichen Narben der Patientinnen in die Simulationsumgebung integriert, in der das geschädigte Herzgewebe anhand von MRT-Bildern modelliert wird, die als eine der wichtigsten Modalitäten zur Erkennung von Anomalien in der Struktur und Funktion des Herzens nach einem Infarkt gelten», so Fua.

Das Team hat bereits fünf Plattformen gebaut. Eine ist am CHUV installiert, die anderen vier sind für erste Kunden bestimmt. Sie bestehen aus dem Katheter, drei Stereokameras, einer Recheneinheit und der unterstützenden Infrastruktur. Die drei Stereokameras erzeugen eine Punktwolke des Katheters, die dann in ein neuronales Netz eingespeist wird, das in Echtzeit Schätzungen der 3D-Katheterform liefert. Diese Schätzungen werden dann verwendet, um vorherzusagen, wie sich ein echter Katheter verhalten würde, wenn er in ein echtes Herz eingeführt wird und mit den Herzwänden in Kontakt kommt.

Kurz gesagt, die HEARTS-Plattform ermöglicht es Kardiologinnen und Ärzten, die endoskopische Behandlung bösartiger Herzrhythmusstörungen zu trainieren, indem sie die Auszubildenden mit vielen verschiedenen Herzen konfrontieren. Sie ermöglicht auch die Planung und Durchführung von simulierten Eingriffen an der Anatomie echter Patientinnen und Patienten.