Auswirkungen von Luftverschmutzung auf das Pflanzenwachstum verstehen
Welche Rolle spielt die Luftverschmutzung für das Pflanzenwachstum? Diese Frage will ein interdisziplinäres Team von EPFL-Forschenden beantworten. Ihre Forschungsmethode besteht darin, Hafer in Kästen im Park Bois-Chamblard, den die Stiftung Bois-Chamblard besitzt, zu pflanzen und zu messen, wie sich die Exposition der Pflanzen gegenüber verschiedenen atmosphärischen Bedingungen auf ihr Wachstum auswirkt. Das Team hat gerade den ersten Teil des Experiments abgeschlossen, indem es den Hafer und die Bodenproben geerntet und für die anschliessende Laboranalyse eingefroren hat.
Das Projekt wird von der Stiftung unterstützt und von zwei Labors der EPFL-Fakultät für Bau, Architektur und Umwelt geführt: dem Laboratory of Atmospheric Processes and their Impacts (LAPI) und dem Plant Ecology Research Laboratory (PERL). Die Arbeiten werden vom emeritierten EPFL-Professor Alexandre Buttler betreut.
Feldtest
Für ihr Experiment konstruierten und bauten die Forschenden 18 versiegelte, transparente Kästen, die etwa einen Meter hoch und 50 Zentimeter breit waren. In den Kästen wuchsen Haferpflanzen auf natürlicher Erde, entweder unter kontrollierten atmosphärischen Bedingungen mit kontinuierlicher Partikelfilterung und nur reinem Wasser, oder ungefilterter Luft oder Regenwasser ausgesetzt – oder einer Kombination aus beidem. Als Kontrolle enthielten einige Boxen nur Blumenerde. Ziel des Experiments: das Wachstum von Pflanzen mit und ohne den Einfluss von Nährstoffen aus der Ablagerung von Schadstoffen im Boden zu testen.
Laboranalyse
Nachdem die Pflanzenernte und die Luft- und Bodenprobenahme abgeschlossen sind, beginnen die Forschenden nun mit der Analysephase: «Unser Ziel ist es, die in der Luftverschmutzung enthaltenen Nährstoffe zu quantifizieren und festzustellen, wie viel davon – insbesondere Stickstoff und Phosphor – von den Pflanzen beim Wachstum aufgenommen werden», sagt Andrea Arangio, Wissenschaftler am LAPI. Der Leiter des LAPI, Prof. Athanasios Nenes, fügt hinzu: «Verschmutzung wird normalerweise mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt in Verbindung gebracht, aber in diesem Fall kann sie Nährstoffe liefern, die das Wachstum der Pflanzen tatsächlich fördern.» Die Forschende werden auch die Zusammensetzung sowohl des Bodens, in dem die Haferpflanzen wuchsen, als auch des Bodens in der Umgebung analysieren.
Fruchtbare Verschmutzung
Seltsamerweise kann die Verschmutzung auch andere Vorteile mit sich bringen. LAPI-Wissenschaftlerin Dr. Kalliopi Violaki: «Interessant ist, dass die Verschmutzung nicht nur selbst Nährstoffe liefert, sondern auch mit anderen Nährstoffen interagieren kann, die normalerweise in natürlich vorkommenden Partikeln eingeschlossen sind, und sie so für die Pflanze besser verfügbar macht. Ein Beispiel dafür ist der in Staubpartikeln eingeschlossene Phosphor, der aus der Sahara nach Europa getragen wird.» Prof. Nenesergänzt: «Der Säuregehalt, der aus der Luftverschmutzung resultiert, bestimmt auch, wie lange der atmosphärische Stickstoff, ein Schlüsselnährstoff, in der Luft bleiben und vom Wind getragen werden kann, bevor er auf den Boden fällt.»
Strategien von Pflanzen
Die menschliche Aktivität hat bereits die Konzentrationen von Nährstoffen wie Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Eisen und vielen anderen Elementen erhöht, und Forschende untersuchen die Auswirkungen dieser Nährstoffe auf Pflanzen normalerweise, indem sie dem Boden anorganischen Dünger zuführen. Das EPFL-Team verfolgt einen anderen Ansatz: «In unserem Experiment wollten wir die Auswirkungen von Makronährstoffen analysieren, die als Folge menschlicher Aktivitäten in der Luft vorhanden sind», sagt Arangio: «Wir erhoffen uns dadurch Einblicke in die Strategien, die Pflanzen anwenden, wenn sie diese zusätzlichen Nährstoffe erhalten, und in die Art und Weise, wie sich die Nährstoffe auf ihre Umgebung auswirken, und ganz allgemein für ihre Rückkopplung auf das Funktionieren von Ökosystemen. Das sind Phänomene, über die wir wenig wissen, die aber fast überall auf der Welt auftreten können.»