Neuer Forschungsbereich am PSI weist in die Daten-Zukunft
Das Paul Scherrer Institut PSI erweitert offiziell die eigenen Schwerpunkte und gründet einen neuen Forschungsbereich «Computergestützte Wissenschaften, Theorie und Daten». Hier werden sich Forschende vermehrt mit der Entwicklung neuer Computer- und Datentechnologie und deren Einsatz für die Wissenschaft beschäftigen. Der Forschungsbereich kommt als sechster zu den bisherigen fünf Bereichen «Biologie und Chemie», «Forschung mit Neutronen und Myonen», «Nukleare Energie und Sicherheit», «Energie und Umwelt» sowie «Photonenforschung» hinzu.
«Computergestützte Wissenschaften und das Nutzen von Hochleistungsrechnern sind am PSI zwar alles andere als neu», stellt Direktor Christian Rüegg klar. «Wir geben diesen jetzt aber ein angemessenes Fundament in unserer Organisation und damit die Möglichkeit, wichtige Entwicklungen bei diesen Zukunftsthemen noch besser aufzugreifen und verstärkt zu bearbeiten. Wir werden die Datenwissenschaften, die Simulation von Materialien und den Bereich künstliche Intelligenz gemeinsam mit starken Partnern im ETH-Bereich ausbauen.»
Umfangreiche Computersimulationen, Modellierungen und theoretische Berechnungen sind ein essenzieller Baustein der Natur- und Ingenieurwissenschaften. Um stets neue wissenschaftliche Fortschritte zu erzielen, muss sich auch die Datenwissenschaft weiterentwickeln. Dies gilt umso mehr am PSI mit seinem weltweit einzigartigen Ensemble von Grossforschungsanlagen. Sowohl deren Betrieb als auch die hier stattfindenden Experimente produzieren grosse Datenmengen: Derzeit werden am PSI jährlich rund 3,6 Petabytes (also 3,6 Billiarden Bytes) an Forschungsdaten generiert; in den kommenden vier Jahren und auch aufgrund des derzeitigen Upgrades der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS könnten es sogar 50 Petabytes werden.
Im ETH-Bereich vernetzt
Der neue Forschungsbereich wird sich sowohl aus bereits bestehenden als auch aus neu zu gründenden Einheiten an der EPFL und dem PSI zusammensetzen. Er wird engmaschig im ETH-Bereich vernetzt sein. So sind darin mehrere neue gemeinsame Professuren mit der EPFL vorgesehen. «Wir freuen uns auf die dadurch weiter verstärkte Zusammenarbeit mit dem PSI», sagt Martin Vetterli, Präsident der EPFL. «Unsere Institutionen agieren hiermit gemeinsam und vorausschauend mit einer durchaus visionären Vernetzung von Datenverarbeitung und Datenwissenschaften mit den einzigartigen Grossforschungsanlagen des PSI.»
Zu den bereits am PSI existierenden Einheiten, die im neuen Forschungsbereich zusammengefasst werden, zählen beispielsweise das Labor für Simulation und Modellierung und der dritte Standort des «Swiss Data Science Center» am PSI, der die beiden bisherigen Standorte an der EPFL und der ETH Zürich ergänzt.
Eine besonders enge Zusammenarbeit ist mit dem Nationalen Forschungsschwerpunkt MARVEL geplant. MARVEL steht für «Materials’ Revolution: Computational Design and Discovery of Novel Materials» und wird geleitet von Nicola Marzari, Professor an der EPFL und Leiter des dortigen Labors für Theorie und Simulation von Materialien. «Durch diese Zusammenarbeit können wir die internationale Spitzenposition der Schweiz in vielen zukunftsweisenden Bereichen weiter ausbauen – darunter die Materialwissenschaften, Energieforschung, Chemie und Biologie –, indem wir Simulationen von Materialien und Molekülen direkt mit den Ergebnissen der Grossforschungsanlagen des PSI verbinden», betont Marzari. Er wird innerhalb des neuen Forschungsbereichs ein Labor mit aufbauen und leiten.
Hochleistungsrechner für die digitalisierte Forschung der Zukunft
Klar ist, dass für das ehrgeizige Projekt enorme Rechenkapazitäten notwendig sind. Auch diesbezüglich können die Institutionen des ETH-Bereichs auf bisherigen Erfahrungen aufbauen und sich weiter auf das nationale Hochleistungsrechenzentrum in Lugano verlassen, das «Centro Svizzero di Calcolo Scientifico» (CSCS) der ETH Zürich. In absehbarer Zeit soll auch der «Quantum Computing Hub», der vom PSI und der ETH Zürich gemeinsam dieses Frühjahr gegründet wurde, Hardware für innovatives Rechnen liefern.
«Hochleistungsrechner mit flexibler Architektur sind entscheidend, um aus den stark wachsenden Datenmengen der modernen Forschung das Maximum an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen herauszuholen», ist Rüegg überzeugt.
«Wir freuen uns auf neue Möglichkeiten in der Forschung, die uns grossskalige Simulationen und die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz bringen werden», so Rüegg weiter. «Hier ist der ETH-Bereich schon heute sehr stark und das wollen wir fortführen. Insgesamt wird der neue Forschungsbereich dazu beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz auszubauen und zu sichern.»