Neue Quantentechnologie kombiniert freie Elektronen und Photonen
Schnellere Computer, abhörsichere Kommunikation, Sensoren jenseits der üblichen Quantengrenze – Quantentechnologien haben das Potenzial, unser Leben ebenso zu revolutionieren wie einst die Erfindung von Computern oder des Internets. Weltweit versuchen Experten, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in Quantentechnologien umzusetzen.
Dazu benötigen sie mitunter einzelne Teilchen, etwa Photonen – die Elementarteilchen des Lichts – mit besonderen Eigenschaften. Doch die Gewinnung einzelner Teilchen ist kompliziert und erfordert aufwändige Methoden. In verschiedenen Anwendungen werden bereits freie Elektronen zur Lichterzeugung eingesetzt, wie zum Beispiel in Röntgenröhren.
In einer neuen Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde, zeigen Forschende des Laboratory of Photonics and Quantum Measurement der EPFL, des Göttinger Max-Planck-Instituts für multidisziplinäre Wissenschaften (MPI-NAT) und der Universität Göttingen eine neuartige Methode zur Erzeugung von Hohlraumphotonen mit freien Elektronen in Form von Paarzuständen. Dazu nutzten sie chipbasierte photonische integrierte Schaltungen in einem Elektronenmikroskop.
Ein optischer Chip mit ringförmigem Lichtspeicher, Mikroringresonator genannt, und einer faseroptischen Kopplung. Der Chip ist nur drei Millimeter breit, und der Ringresonator an seiner Spitze hat einen Radius von 0,114 Millimetern. © Armin Feist / Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Wissenschaften
Grundlegende Teilchenphysik in Elektronenmikroskopen
Bei dem Experiment wird der Strahl eines Elektronenmikroskops über einen integrierten photonischen Chip geleitet, der aus einem Mikroringresonator und optischen Faserausgängen besteht. Dieser neue Ansatz, bei dem photonische Strukturen verwendet werden, die an der EPFL für Experimente mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) am MPI-NAT hergestellt wurden, wurde in einer kürzlich durchgeführten Studie entwickelt.
Immer wenn ein Elektron mit dem evaneszenten Vakuumfeld des Ringresonators wechselwirkt, kann ein Photon erzeugt werden. Dabei verliert das Elektron gemäss den Gesetzen der Energie- und Impulserhaltung das Energiequantum eines einzelnen Photons. Durch diese Wechselwirkung geht das System in einen Paarzustand über. Dank einer neu entwickelten Messmethode konnten die Forschenden sowohl die Elektronenenergie als auch die erzeugten Photonen präzise nachweisen und so die zugrunde liegenden Elektron-Photonen-Paarzustände aufdecken.
Zukünftige Quantentechnologie mit freien Elektronen
Neben der erstmaligen Beobachtung dieses Prozesses auf der Ebene einzelner Teilchen wird mit diesen Ergebnissen ein neuartiges Konzept zur Erzeugung von Einzelphotonen oder Elektronen umgesetzt. Insbesondere die Messung des Paarzustands ermöglicht angekündigte Teilchenquellen, bei denen der Nachweis des einen Teilchens die Erzeugung des anderen signalisiert. Dies ist für viele Anwendungen in der Quantentechnologie notwendig und ergänzt deren wachsendes Instrumentarium.
«Die Methode eröffnet faszinierende neue Möglichkeiten in der Elektronenmikroskopie. Auf dem Gebiet der Quantenoptik verbessern verschränkte Photonenpaare bereits die Bildgebung. Mit unserer Arbeit können solche Konzepte nun auch mit Elektronen erforscht werden», erklärt Claus Ropers, Direktor des MPI-NAT.
Im ersten Proof-of-Principle-Experiment nutzen die Forschenden die erzeugten korrelierten Elektron-Photonen-Paare für die photonische Bildgebung und erreichen damit eine Kontraststeigerung um drei Grössenordnungen. Dr. Yujia Yang, Postdoc an der EPFL und Mitautor der Studie, fügt hinzu: «Wir glauben, dass unsere Arbeit einen wesentlichen Einfluss auf die künftige Entwicklung der Elektronenmikroskopie hat, indem sie die Möglichkeiten der Quantentechnologie nutzt.»
Eine besondere Herausforderung für die künftige Quantentechnologie ist die Verknüpfung verschiedener physikalischer Systeme: «Zum ersten Mal bringen wir freie Elektronen in den Werkzeugkasten der Quanteninformationswissenschaft. Im weiteren Sinne könnte die Kopplung von freien Elektronen und Licht mit Hilfe der integrierten Photonik den Weg zu einer neuen Klasse von hybriden Quantentechnologien ebnen», sagt Tobias Kippenberg, Professor an der EPFL und Leiter des Labors für Photonik und Quantenmessung.
Die Arbeit der beiden Teams leistet einen Beitrag zum aufstrebenden Gebiet der Quantenoptik für freie Elektronen und demonstriert eine leistungsfähige experimentelle Plattform für ereignisbasierte und photonengesteuerte Elektronenspektroskopie und -abbildung: «Unsere Arbeit ist ein entscheidender Schritt, um Konzepte der Quantenoptik in der Elektronenmikroskopie zu nutzen. Wir planen, künftige Richtungen weiter zu erforschen, wie z. B. elektronenangekündigte exotische photonische Zustände und Rauschunterdrückung in der Elektronenmikroskopie», sagt Guanhao Huang, Doktorand an der EPFL und Co-Autor der Studie.