Wie lässt sich Kobalt in E-Auto-Batterien reduzieren?
Etwa ein Fünftel der Kohlendioxid-Emissionen in der Europäische Union entfällt auf den Strassenverkehr. Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu verwirklichen, hat die EU-Kommission deshalb ein Verkaufsverbot auf benzin- und dieselbetriebene Neuwagen verhängt. Ab 2035 sollen alle Neuwagen, die auf den Markt kommen, emissionsfrei sein. Verbrennungsmotoren, die mit klimaneutralen Kraftstoffen, sogenannte E-Fuels, betrieben werden, sind jedoch weiterhin erlaubt. Auch die Schweiz ist von dieser Regelung betroffen, denn der kleine Markt wäre für europäische Hersteller von fossilen Verbrennungsmotoren nicht mehr rentabel. Der EU-Beschluss wird somit den Trend zu batterieelektrischen Fahrzeugen in der Schweiz voraussichtlich weiter ankurbeln.
Die Umweltbilanz von E-Autos
Bezüglich der Umwelt können batteriebetriebene Fahrzeuge in vielerlei Hinsicht punkten: Sie besitzen einen teilweise deutlich höheren Wirkungsgrad als fossile oder synthetische Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellenfahrzeuge. Das heisst, die eingesetzte Energie kann ohne grosse Verluste umgesetzt werden. Je nach Modell haben batteriebetriebene Fahrzeuge einen Energieverlust von lediglich 20 Prozent, während beispielsweise für Brennstoffzellenfahrzeuge bis zu 60 Prozent verloren gehen – hauptsächlich während der Herstellung von Wasserstoff.
Auch der ökologische «Reifenabdruck» fällt bei E-Autos deutlich niedriger aus. Ausser Reifen- und Bremsabrieb werden keine direkten Emissionen freigesetzt. Die Stromproduktion verursacht weniger Umweltauswirkungen als die Produktion und die Verbrennung fossiler Treibstoffe – auch wenn kein gänzlich sauberer Strom verwendet wird. Zudem können durch Recyclingprozesse viele Bestandteile des Fahrzeugs, hauptsächlich der Batterie, an dessen «Lebensende» wiederverwendet werden.
Gleichzeitig verursacht jedoch die Herstellung von E-Autos rund 25 bis 50 Prozent grössere Klimaschäden als die Herstellung konventioneller Fahrzeuge – insbesondere aufgrund der Elektronik sowie der Herstellung der Batterie. Das E-Auto startet somit mit einem deutlich grösseren ökologischen Rucksack als fossile Verbrenner ins Rennen. Ohne direkte Emissionen kann es jedoch diesen Rückstand mit jedem gefahrenen Kilometer weiter aufholen. Nach einer Lebensdauer von etwa 200 000 Kilometern hat ein E-Auto in der Schweiz etwa 50 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als ein fossiler Verbrenner.
Dennoch bleiben die negativen Auswirkungen der Batterien bestehen, denn die benötigten Rohstoffe verursachen nicht nur politische Abhängigkeiten und Umweltbelastungen, sondern stehen auch in der Kritik, mit Kinderarbeit verbunden zu sein.
Das Problem mit Kobalt
Die heute gebräuchlichsten Batterietypen für E-Autos sind sogenannte NMC-Akkumulatoren. Sie bestehen aus verschiedenen Anteilen aus Nickel, Mangan und Kobalt. Diese Elemente dienen als Basis für das Kathodenmaterial – jenen Teil der Batterie, der für die Leistungsfähigkeit verantwortlich ist. Kobalt ist hierbei ein wichtiger Bestandteil, da es zur Erhöhung der Energiedichte der Batterien beiträgt. Es erhöht auch die Stabilität der Kathoden und verlängert die Lebensdauer der Akkus. Kobalt ist jedoch extrem selten. Nur 0,004 Prozent der Erdkruste bestehen aus diesem raren Metall. Die Demokratische Republik Kongo verfügt dabei über die grössten Kobaltvorkommen der Welt – etwa 70 Prozent des weltweiten, jährlichen Bedarfs stammen aus dem zentralafrikanischen Land.
Während der Abbau im Kongo grösstenteils industriell erfolgt, entfallen gemäss Schätzungen zwischen 15 und 30 Prozent auf den Kleinbergbau. Das sind unabhängige Bergleute, oft auch Frauen und Kinder, welche teilweise mit unzureichender Ausrüstung in einsturzgefährdeten Tunnels von Hand nach dem begehrten Metall schürfen. Die Lieferketten sind hierbei oft undurchsichtig, die Abbaubedingungen problematisch und die genaue Herkunft des Rohstoffs bleibt trotz Deklarierung der Bergbauunternehmen unbekannt. Die industrielle Förderung kann zudem zu Staub- und Schwefeldioxidemissionen sowie Verschmutzung von Trinkwasser, Böden, Feldern und Luft führen.
Die Alternativen
Forschende im Labor für Batterieelektroden und Zellen am PSI forschen nach Alternativen, um den Kobaltanteil in Batterien zu reduzieren. Dies liesse sich beispielsweise mit einer Erhöhung des Nickelanteils erreichen. Nickel besitzt sogar eine höhere Energiedichte als Kobalt, was bedeutet, dass Batterien mit einem höheren Nickelanteil potenziell mehr Energie speichern können.
Aktive Materialien für Lithium-Nickel-Eisen-Mangan-Batterien sind eine weitere Alternative, die am PSI erforscht wird. Das Eisen ersetzt hier das Kobalt im Kathodenmaterial. Das Material hat eine sehr hohe Kapazität und ein hohes Arbeitspotenzial, wodurch eine viel höhere Energiedichte als bei herkömmlichen Batterien erreicht werden kann.
Für ihre Experimente mischen die PSI-Forschenden das alternative Kathodenmaterial, beschichten damit die Elektroden und bauen einzelne Batterie-Zellen zusammen. Diese Zellen werden dann separat verkabelt und immer wieder geladen und entladen. So lässt sich verfolgen, wie die einzelnen chemischen Elemente in der Zelle reagieren und sich mit der Zeit verändern. Auch die Grossforschungsanlagen am PSI gewähren einen detaillierten Einblick in das Innere von Batterien. Mittels Synchrotronlicht an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS können beispielsweise die Strukturveränderungen von Lithium-Materialien in Batterien während des Lade- und Entladevorgangs bestimmt werden.
Es gibt verschiedene Alternativen für Kobalt. Sie alle haben Vor- und Nachteile bezüglich Energiedichte, Lebensdauer, Ladedauer, Sicherheit, aber auch Rohstoffverfügbarkeit. Wichtig ist es, ein breites Spektrum an Technologien zu entwickeln, um sie für die Lösung verschiedener Probleme in unterschiedlichen Anwendungsbereichen einsetzen zu können. Damit liesse sich Kobalt reduzieren und die Abhängigkeit von einzelnen Rohstoffen umgehen.
Die Video-Serie Energiezukunft befasst sich mit Alltagsfragen zum Thema Energiewende in der Schweiz. In kurzen Videos wird pro Folge eine Frage aufgeworfen. Anhand der Energieforschung am PSI werden mögliche Lösungen formuliert.