Verbesserung der Diagnose und Behandlung von Brustkrebs
Brustkrebs ist weltweit die am häufigsten diagnostizierte Krebsart. Es handelt sich jedoch nicht um eine einheitliche Krankheit, sondern um verschiedene Subtypen, die genau identifiziert werden müssen, damit die Ärzte die Behandlung wirksam auf die einzelnen Patientinnen abstimmen können.
Die Subtypisierung von Krebs erfolgt traditionell durch histologische Färbung (Immunhistochemie), bei der bestimmte Marker visuell identifiziert werden, die einen Tumor in einen bestimmten Subtyp einordnen können.
In den letzten Jahren hat jedoch eine andere Methode die Subtypisierung von Brustkrebs revolutioniert: die transkriptomische Profilerstellung mit hohem Durchsatz, bei der stattdessen die Genaktivität von Krebszellen untersucht wird, indem die Summe der Boten-RNAs in jeder Zelle ermittelt wird (Boten-RNA entspricht der Sequenz eines Gens und wird von einem Ribosom bei der Synthese eines Proteins abgelesen).
Die Transkriptomik stützt sich auf die RNA-Sequenzierung («RNAseq»), eine boomende molekularbiologische Technologie, die die Sequenz des RNA-Strangs schnell «liest». «Viele Brustkrebsproben von Patientinnen wurden von Konsortien einer globalen Genexpressionsprofilierung unterzogen, und es gibt derzeit drei grosse öffentliche Datenbanken mit Tausenden von Patientinnenproben, die von Forschenden auf der ganzen Welt untersucht wurden», sagt EPFL-Professorin Cathrin Brisken.
Sie fügt hinzu: «Wir haben aus den verschiedenen Analysen viel gelernt, und es gibt Vorschläge, dass die RNA-Sequenzierung – da sie immer billiger wird – in der klinischen Routinepraxis eingesetzt werden und bei der Diagnose und Entscheidungsfindung helfen könnte. Dies wird jedoch dadurch erschwert, dass bei der RNAseq-Analyse in der Regel grosse Chargen von Proben gleichzeitig verarbeitet werden müssen und Proben von verschiedenen Plattformen schwer zu vergleichen sind.»
Im Rahmen des mit 4,2 Mio. EUR geförderten transdisziplinären Doktorandenausbildungsnetzes CANCERPREV wurde nun das von Brisken koordinierte EMBER («molecular EMBeddER») entwickelt. Dabei handelt es sich um ein computergestütztes Instrument, das über 11 000 Transkriptome von Brustkrebs zusammenführt, um Krebs-Subtypen auf der Basis einer einzigen Probe vorherzusagen, und das die wichtigsten biologischen Signalwege genau erfasst, was eine bessere Vorhersagekraft für das Ansprechen auf eine Therapie bietet.
EMBER wurde von Carlos Ronchi entwickelt, der in Briskens Labor promovierte: «Carlos hat einen Ansatz entwickelt, mit dem er die wichtigsten Datenbanken in einen gemeinsamen Raum stellt», sagt Brisken, «er hat gezeigt, dass er zusätzliche Kohorten in diesen Raum einfügen kann, und, was am interessantesten ist, sogar einzelne Proben. Die Position einer Probe in diesem ‹EMBER›-Raum liefert zusätzliche biologische Informationen.»
Um EMBER zu erstellen, entwickelten die Forschenden ein statistisches Modell, das sowohl RNA-seq- als auch Microarray-Daten aus bekannten Datensätzen wie TCGA und METABRIC integriert. Sie konzentrierten sich auf Brustkrebspatientinnen im Frühstadium und normalisierten die Daten, um sie auf eine gemeinsame Skala zu bringen. Durch die Auswahl der 1000 variabelsten Gene und die Verwendung von 44 stabilen Genen für die Normalisierung behielten sie wichtige Genexpressionsmerkmale bei.
Das Team validierte EMBER anhand unabhängiger Patientinnenkohorten und wendete es auf Daten aus klinischen Studien wie der POETIC-Studie an, wo es potenzielle Mechanismen der Therapieresistenz identifizierte, wie z. B. eine erhöhte Androgenrezeptor-Signalisierung und eine verminderte TGFβ-Signalisierung. EMBER hat auch die fünf molekularen Subtypen von Brustkrebs und die wichtigsten biologischen Signalwege wie Östrogenrezeptor-Signalübertragung und Zellproliferation effektiv erfasst.
Eine wichtige Entdeckung war, dass der EMBER-basierte Östrogenrezeptor-Signalisierungs-Score den immunhistochemisch basierten ER-Index übertraf, der derzeit in der klinischen Praxis verwendet wird. Diese Erkenntnis legt nahe, dass EMBER das Ansprechen auf eine endokrine Therapie genauer vorhersagen kann.
Durch die Bereitstellung eines einheitlichen Raums für transkriptomische Brustkrebsdaten ermöglicht EMBER ein differenzierteres Verständnis der molekularen Subtypen und des Therapieansprechens. Dies könnte zu stärker personalisierten Behandlungsplänen und besseren Ergebnissen für Patientinnen mit ER+ Brustkrebs führen.
EMBER bietet auch einen potenziellen Weg zur Integration der RNA-Sequenzierung in die Standarddiagnostik und ebnet damit den Weg für eine umfassendere und kostengünstigere Krebsdiagnostik. Dieser Ansatz verbessert nicht nur die Präzisionsonkologie, sondern bietet auch einen soliden Rahmen für künftige Forschung und klinische Anwendungen.