EPFL bringt Elektronik einen grossen Schritt weiter
Elektronische Geräte sind aus fast allen Bereichen der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Doch unter anderem aufgrund der zunehmenden Nutzung des Internets stossen sie in Bezug auf Verarbeitungsgeschwindigkeit und Miniaturisierung an ihre Grenzen. Zudem verbrauchen sie für den Transport und die Speicherung von Informationen enorme Mengen an Energie und verlieren dabei einen Teil dieser Energie. Ingenieurinnen und Ingenieure – auch an der EPFL – arbeiten seit Jahren daran, diese Hindernisse zu überwinden, indem sie beispielsweise Exzitonen und ihr Verhalten in 2D-Materialien untersuchen.
Exzitonen bestehen aus einem Elektron (das eine negative Ladung hat) und einem Loch (das eine positive Ladung hat). Sie sind der Schlüssel zur nächsten Generation elektronischer Geräte, die kleiner und schneller sind und wesentlich weniger Energie verlieren. Bei den Exzitonen, die Elektronen entweder ersetzen oder mit ihnen zusammenarbeiten können, wird nicht Elektrizität, sondern Licht für die Übertragung von Daten und die Durchführung von Berechnungen verwendet: «Licht wird bereits in der Faseroptik verwendet», sagt Fedele Tagarelli, Doktorand am EPFL-Labor für Nanoskalige Elektronik und Strukturen (LANES), das von Prof. Andras Kis geleitet wird. «Obwohl Licht für den Transport von Informationen weit verbreitet ist, wurden lichtbasierte Computersysteme bisher durch Materialbeschränkungen und Skalierbarkeitsprobleme behindert.»
Edoardo Lopriore, ein weiterer Doktorand am LANES, erklärt: «Exzitonen könnten sich im Gegensatz zu Elektronen viel weniger aufheizen, wenn sie sich durch ein Material bewegen, und funktionieren sehr gut mit Licht. Aber um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, müssen wir verstehen und kontrollieren können, wie sie erzeugt werden und miteinander interagieren, ebenso wie ihre Geschwindigkeit und Lebensdauer. Unter idealen Bedingungen können Exzitonen einen supraflüssigen Zustand erreichen, d. h. sie können sich ohne Energie oder Widerstand fortbewegen – und damit ohne Leistungsverlust.
Künstlerische Darstellung eines hybriden Exzitons, das in einem zweischichtigen 2D-Material erzeugt und durch ein elektrisches Feld gesteuert wird. © LANES
Abstossende Kraft
Die Ingenieurfachleute des LANES haben gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Marburg und des National Institute for Materials Science in Japan eine Schlüsseleigenschaft von Exzitonen untersucht: die Abstossungskraft zwischen ihnen. Sie entwickelten ein Testsystem, das aus mehreren Schichten unterschiedlicher Materialien besteht. Die obere und untere Schicht besteht aus Metall, während der mittlere Teil aus einem isolierenden Material und Schichten eines halbleitenden 2D-Materials – in diesem Fall Wolframdiselenid (WSe2) – besteht, die übereinander gestapelt und durch Van-der-Waals-Kräfte miteinander verbunden sind. 2D-Materialien haben die einzigartige Eigenschaft, dass sie extrem dünn sind – nur eine einzige Schicht von Atomen. «Sie haben völlig andere Eigenschaften als 3D-Materialien und ermöglichen uns die Erforschung neuer physikalischer Phänomene», sagt Tagarelli.
Die Ingenieurfachleute legten ein elektrisches Feld an ihr Gerät an und stellten fest, dass sie die abstossenden Wechselwirkungen der Exzitonen kontrollieren konnten: «Soweit wir wissen, ist dies das erste Mal, dass eine solche Kontrolle demonstriert wurde, zumindest auf so einfache Weise», sagt Tagarelli. «Wir haben eine neue Methode zur Kontrolle der Wechselwirkungen zwischen hybriden Exzitonen entdeckt, die eine einzigartige Möglichkeit für Studien in der Physik der kondensierten Materie bieten kann.» In einer früheren Studie gelang es den LANES-Ingenieurfachleuten, die Lebensdauer und die Bewegungen der Exzitonen zu kontrollieren.
Damit die Methode der Fachleute funktioniert, sollten die Exzitonen nicht direkt einem elektrischen Strom ausgesetzt sein, sondern ein elektrisches Feld «spüren» können – daher die äusseren Metallschichten und die innere Isolierschicht zum Schutz des halbleitenden 2D-Materials. Ihre Experimente wurden bei einer extrem niedrigen Temperatur von 4 Kelvin durchgeführt.
«Diese Entdeckung erweitert unser Instrumentarium zur Kontrolle von Exzitonen, so dass sie eines Tages für eine umweltfreundlichere Datenverarbeitung eingesetzt werden können», sagt Kis. Die Ergebnisse der Ingenieurfachleute werden in Nature Photonics veröffentlicht.