Neurologische Krankheiten durch Brainprinting erkennen
Genau wie unsere Fingerspitzen enthält auch unser Gehirn ein eingebettetes Muster, das bei jedem Menschen anders ist. Dank der Fortschritte in der Neurobildgebung haben Forschende in den letzten Jahren herausgefunden, dass unsere Hirnaktivität Netzwerke neuronaler Verbindungen schafft, die für jeden von uns einzigartig sind. Die Forschenden sind jedoch noch dabei zu erforschen, wie diese Fingerabdrücke des Gehirns genutzt werden können und welche Informationen sie Ärztinnen und Ärzten bieten können – insbesondere für die Diagnose neurologischer Erkrankungen.
Eine erste klinische Anwendung?
Dr. Enrico Amico, Wissenschaftler und SNSF Ambizione Fellow am Zentrum für Neuroprothetik und am Medical Image Processing Lab der EPFL, hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Parthenope in Neapel Parthenope in Neapel und der Universität Aix-Marseille erstmals eine mögliche erste klinische Anwendung für die Fingerabdrücke des Gehirns gefunden. Sie untersuchten die Hirnaktivität von zwei Personengruppen: eine bestehend aus Patientinnen und Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung – also Menschen mit Gedächtnisproblemen, die aber noch nicht das Stadium der Demenz erreicht haben – und eine Kontrollgruppe aus gesunden Probanden. Die Wissenschaftlerinnen fanden heraus, dass die Fingerabdrücke des Gehirns der symptomatischen Patientinnen viel weniger leicht identifizierbar waren als die der gesunden Gruppe.
Gesunde Gehirne haben klare Fingerabdrücke
Die Bilder wurden durch die Aufzeichnung der elektromagnetischen Aktivität der Gehirne der Teilnehmenden gewonnen, was durch die Messung der von ihren Neuronen erzeugten Magnetfelder geschieht. «Das gab uns eine Art Schnappschuss ihrer Gehirnaktivität», sagt Dr. Amico.
Die Bilder wurden für alle Teilnehmenden zweimal im Abstand von einer Minute aufgenommen. Bei der gesunden Gruppe waren die Fingerabdrücke des Gehirns eindeutig, so dass die Forschenden die entsprechende Person in fast 100 % der Fälle korrekt identifizieren konnten. Bei der Gruppe der Kranken waren die Fingerabdrücke jedoch viel schwieriger zu erkennen, und die Forschenden hatten Mühe, die Personen mit Sicherheit zu identifizieren.
Die Studie fand auch heraus, dass die Teilnehmenden, deren Gehirn-Fingerabdrücke weniger leicht identifizierbar waren, auch diejenigen waren, die bei der Mini Mental State Examination (MMSE) schlechter abschnitten – einem Test, der häufig zur klinischen Bewertung der kognitiven Funktion von Patientinnen und Patienten mit ersten Anzeichen einer Demenz verwendet wird.
Schliesslich entdeckte das Forscherteam, dass bei Patientinnen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung nicht nur eine bestimmte Hirnregion betroffen war, sondern die gesamte Spanne der Hirnaktivität. «Wir hoffen, dass künftige Studien das Potenzial der Verwendung von Hirn-Fingerabdrücken als Diagnoseinstrument im präklinischen Stadium untersuchen werden», sagt Dr. Amico. Die Ergebnisse des Teams erscheinen in NeuroImage.