Ein 2D-Gerät für Quantenkühlung
Damit Quantenberechnungen durchgeführt werden können, müssen Quantenbits (Qubits) auf Temperaturen im Millikelvin-Bereich (nahe -273 Celsius) heruntergekühlt werden, um die atomare Bewegung zu verlangsamen und das Rauschen zu minimieren. Die zur Steuerung dieser Quantenschaltungen verwendete Elektronik erzeugt jedoch Wärme, die bei solch niedrigen Temperaturen nur schwer abgeführt werden kann. Die meisten aktuellen Technologien müssen daher die Quantenschaltungen von ihren elektronischen Komponenten trennen, was zu Rauschen und Ineffizienzen führt, die die Realisierung von grösseren Quantensystemen ausserhalb des Labors behindern.
Forschende des Laboratory of Nanoscale Electronics and Structures (LANES) der EPFL unter der Leitung von Andras Kis von der Fakultät für Ingenieurwesen haben nun ein Gerät hergestellt, das nicht nur bei extrem niedrigen Temperaturen funktioniert, sondern auch mit einer Effizienz, die mit den aktuellen Technologien bei Raumtemperatur vergleichbar ist.
«Wir sind die Ersten, die ein Gerät entwickelt haben, das die Umwandlungseffizienz aktueller Technologien erreicht, aber bei den für Quantensysteme erforderlichen niedrigen Magnetfeldern und extrem niedrigen Temperaturen arbeitet. Diese Arbeit ist wirklich ein Schritt nach vorn», sagt der LANES-Doktorand Gabriele Pasquale.
3D-Schema des Bauelements mit Indiumselenid-Kanal (violett), Graphenelektroden (horizontale Bänder) und einem Laserstrahl (red) © LANES EPFL
Das innovative Bauelement kombiniert die hervorragende elektrische Leitfähigkeit von Graphen mit den Halbleitereigenschaften von Indiumselenid. Es ist nur wenige Atome dick und verhält sich wie ein zweidimensionales Objekt, und diese neuartige Kombination von Materialien und Struktur führt zu seiner beispiellosen Leistung. Die Ergebnisse wurden in Nature Nanotechnology veröffentlicht.
Den Nernst-Effekt nutzen
Das Gerät nutzt den Nernst-Effekt aus: ein komplexes thermoelektrisches Phänomen, das eine elektrische Spannung erzeugt, wenn ein Magnetfeld senkrecht zu einem Objekt mit variierender Temperatur angelegt wird. Die zweidimensionale Natur des Laborgeräts ermöglicht es, die Effizienz dieses Mechanismus elektrisch zu steuern.
Andras Kis und Gabriele Pasqualemit mit dem Verdünnungskühlschrank des LANES-Labors © Alain Herzog
Die 2D-Struktur wurde am EPFL Center for MicroNanoTechnology und im LANES-Labor hergestellt. Bei den Experimenten wurden ein Laser als Wärmequelle und ein spezieller Verdünnungskühlschrank verwendet, um 100 Millikelvin zu erreichen – eine Temperatur, die sogar kälter ist als der Weltraum. Die Umwandlung von Wärme in Spannung bei solch niedrigen Temperaturen ist normalerweise eine grosse Herausforderung, aber das neuartige Gerät und die Ausnutzung des Nernst-Effekts machen dies möglich und schliessen eine entscheidende Lücke in der Quantentechnologie.
«Wenn man sich einen Laptop in einem kalten Büro vorstellt, erwärmt sich der Laptop während des Betriebs, wodurch sich auch die Temperatur des Raums erhöht. In Quantencomputersystemen gibt es derzeit keinen Mechanismus, der verhindert, dass diese Wärme die Qubits stört. Unser Gerät könnte diese notwendige Kühlung bieten», sagt Pasquale.
Gabriele Pasquale mit dem Verdünnungskühlschrank des LANES-Labors © Alain Herzog
Der ausgebildete Physiker Pasquale betont, dass diese Forschung von Bedeutung ist, weil sie Licht auf die Umwandlung von Wärmeenergie bei niedrigen Temperaturen wirft – ein bisher wenig erforschtes Phänomen. Angesichts der hohen Umwandlungseffizienz und der Verwendung potenziell herstellbarer elektronischer Komponenten ist das LANES-Team ausserdem der Ansicht, dass sein Gerät bereits in bestehende Niedertemperatur-Quantenschaltungen integriert werden könnte.
«Diese Ergebnisse stellen einen grossen Fortschritt in der Nanotechnologie dar und sind vielversprechend für die Entwicklung fortschrittlicher Kühltechnologien, die für das Quantencomputing bei Millikelvin-Temperaturen unerlässlich sind», sagt Pasquale. «Wir glauben, dass diese Errungenschaft die Kühlsysteme für zukünftige Technologien revolutionieren könnte.»