Klimaschutz: Methan ist unser mächtigster Hebel
Das 1.5-Grad-Ziel droht langsam aber sicher ausser Reichweite zu geraten. Die jüngste Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten bot jedenfalls wenig Anlass für gegenteilige Annahmen. Auch die Schweiz ist beim Klima klar nicht auf Kurs. Der Klimawandel ist zwar mittlerweile als gesellschaftsrelevantes Thema anerkannt, doch der gesellschaftliche Wandel kommt nur schleppend voran. Unsere Emissionen in Inland sinken zwar gemächlich, aber Importe, Finanzsektor sowie Luft- und Schifffahrt ignorieren wir komplett.
Es ist verständlich, wenn viele angesichts der nahenden Ziele daran zweifeln, ob wir diese je erreichen. Zweifeln darf man. Verzagen aber sollten wir nicht. Denn im Klimapoker kommt es auf jedes Zehntelgrad an – und wir haben noch einen gewichtigen Trumpf in der Hand, der bislang nicht zum Zug kam: Methan, das zweiwichtigste Treibhausgas.
Methan ist ein starkes Treibhausgas. Es trägt heute etwa 0.54 Grad Celsius zur Erwärmung bei, wird aber in der Atmosphäre bereits nach 20 Jahren um über 80 Prozent abgebaut abgebaut. Über 20 Jahre heizt Methan etwa 81-mal stärker als dieselbe Menge CO2. Der Anteil von CO2 an der Erwärmung beträgt heute ungefähr 0.87 Grad.1 Das Gas hält seine wärmende Wirkung hingegen während Tausenden Jahren aufrecht. Vergleicht man über 100 Jahre, wärmt Methan etwa 29-mal stärker als CO2.
Kurz: Weniger Methanausstoss ist ein potentes Mittel, um rasch und effektiv Erderwärmung zu vermeiden. Würden wir heute aufhören Methan auszustossen, hätten wir schon im Jahr 2036 nur noch die Hälfte der Erwärmung durch unsere bisherigen Methanemissionen. Daher sehen viele Klimaszenarien auch vor, Methanemissionen zügig zu reduzieren.
Mit einer raschen Reduktion unserer Methanemissionen und einem gleichzeitigen Rückgang des CO2-Ausstosses könnte das 1.5-Grad-Ziel daher wieder in die Reichweite gelangen.
Biogene und fossile Quellen
Ein Drittel der globalen Methanemissionen stammt aus der Förderung und dem Transport von fossilen Rohstoffen - Kohle, Erdöl und Erdgas. Erdgas selbst besteht fast vollständig aus Methan. Von 2008 bis 2017 entwich ungefähr ein Drittel des Erdgases beim Kohleabbau, ein Drittel bei der Erdölförderung und Raffinierung sowie ein Drittel beim Erdgastransport aufgrund von Lecks oder Wartungsarbeiten an Pipelines und Gasnetz.2
Ein weiterer Drittel der globalen Methanemissionen kommt aus der Viehhaltung, insbesondere vom Rindvieh durch deren Verdauung und die Zersetzung von Mist. Dieses biogene Methan entsteht wie Biogas durch natürliche Abbauprozesse von organischem Material. Doch der Schein trügt, denn wir Menschen halten schlicht unnatürlich viele Rinder. Heute gibt es 31-mal so viele Nutztiere, wie es wilde Säugetiere gibt, wobei es fünf Mal weniger wilde Säugetiere hat, wie noch vor 10’000 Jahren.3, 4
In der Schweiz zeigt sich ein anderes Bild: Die Schweizer Inlandemissionen von Methan sind zwar tiefer als im globalen Mittel, rund 80 Prozent werden durch die Nutztierhaltung ausgestossen. Der Rest stammt grösstenteils aus alten Abfalldeponien.5 Eine echte Strategie, wie die Schweiz ihre Methanemissionen reduzieren will, gibt es bislang nicht. Einzig ein vage formuliertes Ziel, die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bis 2050 zu halbieren.
Letztes Jahr an der COP26 in Glasgow haben die EU und die Vereinigten Staaten mit der Global Methan Pledge eine Inititative lanciert, welche die globalen Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 2020 reduzieren will. Zu diesem Ziel hat sich auch Schweiz verpflichtet.
Es liegt in unseren Händen
Was zu tun wäre, ist dabei längst bekannt: deutlich weniger Fleisch und Milchprodukte konsumieren, keine Lebensmittel verschwenden. Dinge, die wir alle direkt beeinflussen können. Diese Massnahmen werden auch in 30 Jahren noch die gleichen sein. Nur: Wenn wir sie heute schon umsetzen, wird es 2050 entscheidend kühler sein. Wir sollten die Wirkung unserer Methanemissionen nicht mehr länger unterschätzen.