Freiwillige sammeln Saharastaub
Februar 2021: Der Himmel über weiten Teilen Europas verfärbte sich orange. Der Wind trieb Wüstensand aus der Sahara über Spanien, Frankreich und die Schweiz bis Osteuropa. Um das Phänomen und seine Folgen zu erforschen, startete das Centre d'Études de la Neige - Meteo France in Kooperation mit dem WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos und Partnern aus Spanien und Belgien ein Citizen-Science-Project. Bei solchen Projekten unterstützen Bürgerinnen und Bürger als Freiwillige aktiv die Arbeit der Forschenden.
Bereits einen Tag nach dem Hauptereignis am 6. Februar baten französische Institute in Sozialen Medien um Unterstützung. Zeitungen, Fernseh- und Radiosender verbreiteten den Aufruf zusätzlich. Das SLF ging einen anderen Weg: Es wählte aus den zahlreichen Lawinenbeobachtern mehrere aus, verteilt auf verschiedene Höhenlagen und Standorte im Schweizer Alpenraum. Doch die Grundidee war gleich: Es galt, im Schnee Proben des Saharastaubs zu sammeln. Gerade mal vier Wochen dauerte es, dann standen 152 Behälter mit dem roten Sand in den Laboren, davon 32 aus der Schweiz. Insgesamt 85 Freiwillige hatten als Citizen Scientists die Aktion unterstützt. «Unseres Wissens ist es das erste Mal, dass so eine grosse Zahl an Proben von einem einzigen Staubereignis gesammelt und analysiert wurden», sagt Martin Schneebeli, ehemaliger Leiter der Forschungseinheit Schnee und Atmosphäre am SLF und Co-Autor der Studie.
Die Forschenden erhielten zahlreiche, neue Erkenntnisse über das Phänomen, die in den kommenden Wochen veröffentlicht werden sollen. Diese helfen unter anderem, Transport von Materie in der Atmosphäre besser zu verstehen und wie sich der Saharastaub auf die Dauer der geschlossenen Schneedecke auswirkt. So wiesen die Forschenden nach, dass Menge und Grösse der Staubkörner auf den Schneeflächen entlang des Transportwegs von den Pyrenäen zu den Alpen abnehmen. Zudem bestätigten sie die Annahme, dass auf den dem Wind zugeneigten Süd- und Südosthängen mehr Staub liegen blieb als auf Nordhängen.
«Die Ergebnisse zeigen, dass wir wissenschaftliche Fortschritte erzielen können, wenn wir Mitmenschen in den Prozess der Datenerhebung einbeziehen», freut sich Schneebeli. Damit das funktioniert, ist es wichtig, die Arbeitsschritte für die Citizen Scientists möglichst einfach zu halten, um sie nicht abzuschrecken. Denn obwohl einige der Teilnehmenden erfahren im Bereich Schneemessung waren und daher über entsprechende Kenntnisse bei der Probennahme verfügten, waren viele komplette Laien auf diesem Gebiet.
Dennoch lieferten auch sie sehr brauchbares Material. Mehr noch. Die beteiligten Forschenden bezeichnen die Kampagne als «einmalige Gelegenheit für den informellen Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.» Aus ihrer Perspektive war es sehr stimulierend, Menschen zu treffen, die ihre Forschung nicht nur unterstützten, sondern auch neugierig auf die Arbeitsprozesse waren. «Wir werden unsere Daten nutzen, um den Einfluss von Saharastaub auf die Schneeschmelze und die Lawinenbildung besser zu verstehen», kündigt Schneebeli an.