Eine Legionelle kommt selten allein
Legionellen sind für die berüchtigte Legionärskrankheit sowie eine grippeähnliche Erkrankung namens Pontiac-Fieber verantwortlich. Das Bakterium kommt natürlicherweise in Wasserleitungssystemen innerhalb von Gebäuden vor. Das Einatmen von kontaminierten Wassertröpfchen kann zu einer Ansteckung und zu gesundheitlichen Problemen beim Menschen führen. Besonders wohl fühlen sich Legionellen in den Biofilmen von Duschschläuchen, die eine besonders optimale Umgebung für ihr Wachstum bieten. Dazu zählen hohe Temperaturen sowie längere Zeiträume, in denen das Wasser «steht».
Um Ansteckungen mit Legionellen durch das Trink- oder Duschwasser vorzubeugen, braucht es Methoden und Ansätze, um ihre Vermehrung einzudämmen. Die Forschung rund um das Bakterium wurde bislang grösstenteils an Reinkulturen durchgeführt. Allerdings ist ein Biofilm, in dem sich auch Legionellen befinden, voller verschiedener Mikroorganismen, die sich in stetiger Interaktion miteinander befinden. Mittlerweile ist bekannt, wie wichtig diese mikrobiellen Interaktionen sind und wie sie das Auftreten und Verhalten der verschiedenen Arten innerhalb eines Biofilms beeinflussen. Dieses Zusammenspiel hat mitunter auch Auswirkungen auf die Persistenz und die Vermehrung von Legionellen.
Freund oder Feind?
Aus diesem Grund haben Forschende der Eawag rund um Frederik Hammes, Leiter der Abteilung Umweltmikrobiologie und seinen Doktoranden Alessio Cavallaro diese Zusammenhänge genauer untersucht. Dazu nutzten sie 85 Duschschläuche aus einem Gebäude, welches in der Vergangenheit Probleme mit Kontaminationen durch Legionellen aufwies. Die Forschenden schnitten die Schläuche auf, extrahierten den Biofilm und gewannen so die DNA aller darin lebenden Mikroorganismen. Das gab ihnen einen Überblick über die Gemeinschaften innerhalb der jeweiligen Schläuche. Mit statistischen Verfahren bestimmten sie dann Assoziationen zwischen bestimmten Organismen und Legionellen.
Die Resultate geben Einblick in das mikrobielle Umfeld, das Legionellen begünstig. «Bakterien benötigen andere, ihnen freundlich gesinnte Bakterien, um zu überleben», so Cavallaro. Die Vielfalt der gefundenen Bakterien im Biofilm der Duschschläuche zeigt, dass auch Legionellen über einige solcher Freunde verfügen. Die Proben haben die Forschenden dann statistisch erfasst und können so Vermutungen anstellen, welche dieser Bakterien Legionellen fördern, respektive welche im Gegenzug nicht mit dem Auftreten von Legionellen korrelieren und somit womöglich als Antagonisten in Frage kommen. Dieses Wissen ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer probiotischen Lösung gegen Legionellen, dass also andere Bakterien gegen die Legionellen eingesetzt werden können. Die Studie macht es zudem einfacher, die Lebensbedingungen des Bakteriums zu verstehen, was wiederum die Kontrolle und das Monitoring vereinfachen kann.
Verschiedene Arten von Legionellen in einem Biofilm
Aber Legionellen sind nicht gleich Legionellen. Während die Legionella pneumophilia am besten erforscht ist, da sie hauptsächlich verantwortlich ist für Krankheitsfälle, gibt es noch viele weitere Arten von Legionellen. «Das Highlight unserer Resultate war, dass wir in allen Biofilmen mehrere Arten von Legionellen gefunden haben», erklärt Cavallaro. Das wurde bislang selten nachgewiesen. Ebenfalls fanden die Forschenden heraus, dass diese unterschiedlichen Arten von Legionellen auch unterschiedliche Regionen innerhalb eines Biofilms bewohnen. «Diese Erkenntnisse können helfen, Legionellen nicht nur besser zu verstehen, sondern zukünftig auch entsprechende Massnahmen gegen den Erreger zu erarbeiten», so Cavallaro.
Ein nächster Schritt wäre für Cavallaro die Frage nach der Funktion der unterschiedlichen Bewohner innerhalb eines Biofilms in Zusammenhang mit den Legionellen. Während sich die bisherige Studie mit der Anzahl und Verbreitung von Bakterien sowie möglichen Antagonisten der Legionellen befasst hat, wäre es zukünftig spannend herauszufinden, warum sich gewisse Bakterien nicht mit den Legionellen vertragen. Auch das böte wichtige Hinweise darauf, wie zukünftig biologische Antagonisten für die Bekämpfung von Legionellen eingesetzt werden könnten.