Antibiotikaresistenzen im Abwasser überwachen
Antibiotikaresistenzen gefährden die Gesundheit von Mensch und Tier weltweit. Um griffige Massnahmen gegen antibiotikaresistente Erreger einleiten zu können, ist es wichtig, die aktuelle Situation und die Verbreitungswege in der Umwelt zu kennen. Ein «Hotspot» für Resistenzen sind Kläranlagen. Mit dem Abwasser von Mensch und Tier gelangen antibiotikaresistente Bakterien in die Klärbecken. Wie sie von dort in die Umwelt vordringen, untersuchten Forschende rund um Helmut Bürgmann, Leiter der Eawag-Abteilung Oberflächengewässer, im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 72 Antimikrobielle Resistenz.
Kläranlage klären viel, aber nicht alles
«Kläranlagen entfernen einen Grossteil der Antibiotikaresistenzgene und der antibiotikaresistenten Bakterien aus dem Abwasser», erklärt Helmut Bürgmann. «Trotzdem können wir immer noch erhöhte Werte im gereinigtem Abwasser, das in die Flüsse eingeleitet wird, nachweisen», Stromabwärts nehmen die Konzentrationen zwar durch Verdünnung und andere Prozesse meist schnell ab. «An einzelnen Flussabschnitten weit unterhalb einer Kläranlage fanden wir aber auch wieder deutlich erhöhte Konzentrationen, was auf ein Wachstum von resistenten Bakterien im Fluss hindeutet», ergänzt Helmut Bürgmann.
Eine weitere wichtige Ursache für erhöhte Vorkommen von resistenten Bakterien in Flüssen vermuten die Forschenden in starken Regenfällen, denn die grossen Wassermassen können Kanalisation und Kläranlagen überfordern. Die Auffangbecken laufen dann über. Kurzzeitig können so grosse Mengen an antibiotikaresistenten Bakterien und Antibiotikaresistenzgenen direkt in die Flüsse gespült werden. Die Forschenden der Eawag schlagen daher vor, die Rückhaltekapazität von Kläranlagen oder des gesamten Einzugsgebietes zu erhöhen.
Abwasser als Überwachungssystem?
Die Arbeiten der Forschenden zeigten aber auch, dass das Abwasser viele Informationen über die Resistenzen liefern kann, die im Einzugsgebiet der Abwasserreinigungsanlagen kursieren. Gemeinsam mit dem Nationalen Forschungsprogramm NFP 72 empfehlen die Forschenden deswegen, ein Überwachungssystem für Antibiotikaresistenzen in Schweizer Kläranlagen aufzubauen, ähnlich dem Abwassermonitoring für Sars-CoV-2. Weitere Resultate und Empfehlungen des NFP 72 sowie ein Fazit sind im heute publizierten Programmresümee «Die Wirksamkeit von Antibiotika verbessern, Resistenzen eindämmen» zu finden.