Energie-Effizienz in Zeiten einer möglichen Strom-Mangellage
Herr Jörg, würden Sie sagen, das PSI ist bereits energieeffizient?
Markus Jörg: Effizienz bedeutet für uns in erster Linie eine Energie-Nutzen-Relation, hängt also mit dem Wert des erzeugten Produkts zusammen. Allerdings liefern wir kein klassisches Industrieprodukt, sondern bei uns werden wichtige Forschungsergebnisse produziert. Oft stammen diese aus wissenschaftlichen Experimenten, die man nirgendwo sonst auf der Welt machen kann und die einen immensen Wert haben. So gesehen würde ich sagen: Ja, wir sind sehr energieeffizient.
Und für sich selbst genommen – wie steht das PSI als ein Institut mit mehreren Grossforschungsanlagen da?
Als man zum Beispiel vor über 20 Jahren die Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS konzipiert hat, wurde sie schon damals vergleichsweise kompakt und energieeffizient gebaut. Aktuell läuft das Upgrade-Projekt SLS 2.0, das die Intensität des Synchrotronlichts an den Experimentierstationen ab dem Jahr 2025 signifikant verbessern wird, während zugleich der Energieverbrauch um 30 Prozent sinkt. Das ist eine extreme Steigerung der Effizienz. Diese erreichen wir hauptsächlich durch Verwendung der neuesten Technologien, beispielsweise steigen wir von Elektro- auf Permanentmagnete um, setzen energiesparende Halbleiter-Verstärker ein und optimieren die gesamte Kühlinfrastruktur, unter anderem mit Wärmerückgewinnung. Zusätzlich soll das Dach des SLS-Gebäudes eine Photovoltaikanlage erhalten. Das mit einberechnet, wird die Energiebilanz der SLS sogar um 35 Prozent sinken.
Auch anderswo rüsten wir ständig um: Bei den Kältemaschinen, die wir an mehreren Grossforschungsanlagen und für verschiedene Labors am PSI benötigen, hat man früher Kolbenkompressoren genutzt. Derzeit ersetzen wir diese durch eine neue Technologie, bestehend aus Schraubenkompressoren und modernen Turbinen in den sogenannten Cold Boxen, das spart im Vergleich zu vorher mehr als die Hälfte der Energie ein.
Das PSI erforscht also nicht nur neue Technologien, sondern setzt auch im eigenen Betrieb darauf?
Richtig. Energieeffizient zu sein, ist Teil unserer DNA. Durch all unsere Optimierungen an den bestehenden Grossforschungsanlagen und der zugehörigen Infrastruktur hat die Inbetriebnahme des SwissFEL im Jahr 2016 langfristig zu keiner nennenswerten Erhöhung des Energieverbrauchs am PSI insgesamt geführt.
Das PSI hat auch viele Bürogebäude, wie sieht es dort aus?
Überall am PSI laufen seit vielen Jahren Programme zur Energieverbesserung. Gerade hier in der Halle vor meinem Büro sind jetzt die Leuchtstoffröhren durch LEDs ersetzt und diese sind mit einem intelligenten Helligkeitssensor ausgestattet. Zugleich ist uns bewusst, dass drei Viertel des Energiebedarfs des PSI bei den Grossforschungsanlagen gebraucht werden. Aber egal wie viel oder wenig: Wenn eine Verbesserung auf lange Sicht Energie spart, dann setzen wir sie um. Oft unterstützt uns dabei das Programm «ProKilowatt» des Bundes, im Rahmen dessen wir schon verschiedentlich Investitionen gemacht haben, die sich beispielsweise erst nach einem Jahrzehnt auszahlen.
Und ganz aktuell: Wie bereitet sich das PSI auf eine Strom-Mangellage vor, zu der es in diesem Winter noch kommen könnte?
Wir haben uns intensiv mit der aktuellen Situation auseinandergesetzt und sind für mögliche Szenarien gerüstet. OSTRAL, die Schweizer Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen, hat ja im vergangenen Sommer bereits den zweiten von vier Bereitschaftsgraden ausgerufen, deren Zweck es ist, einen Blackout zu verhindern. Wir befinden uns damit in erhöhter Alarmbereitschaft und es werden Sparappelle ausgesprochen. Ab dem dritten Bereitschaftsgrad würde der Bund uns als Grossverbraucher verpflichten, unseren Stromverbrauch um einen vorgegebenen Betrag zu senken. Und für diesen Fall haben wir bereits beschlossen, welche Notsysteme wir weiter betreiben würden. Beispielsweise würde unser Zentrum für Protonentherapie nicht abgeschaltet, sodass die Krebstherapie am PSI ungehindert weitergeführt wird.
Jetzt sind wir also in Bereitschaftsgrad 2. Kommt das PSI den Sparappellen nach?
Ja, beispielsweise haben wir bereits unsere Arealbeleuchtung reduziert; dabei haben wir darauf geachtet, was möglich ist, ohne wesentlich an Sicherheit einzubüssen. Da viele kluge Menschen am PSI arbeiten, haben wir zudem betriebsintern um die Einsendung von weiteren Ideen zum Energiesparen gebeten und einen Wettbewerb ausgerufen: den PSI Energy Award. Damit werden die besten und effektivsten Vorschläge prämiert, aber wir antworten auch auf alle anderen Einsendungen. Und wir schauen in meiner Abteilung natürlich auch auf die Grossforschungsanlagen, denn wenn wir dort etwas optimieren können, kann es einen grossen Effekt haben.
Konnten Sie da noch etwas bewirken?
Die Anlagen an sich sind ja bereits optimiert. Aber wir haben gerade festgestellt, dass wir noch etwas verändern konnten, indem wir die Prioritäten ganz auf das Einsparen von Energie fokussieren. So haben wir jetzt am SwissFEL verschiedene Betriebsmodi festgelegt und bündeln nun Experimente, welche die gleiche Beamcharakteristik benötigen. Dadurch kann man zum Beispiel die jeweils nicht benötigten Teile des Linearbeschleunigers zwischendurch abschalten.
Bleiben einige der aktuellen Anstrengungen zum Stromsparen am PSI bestehen, auch wenn dieser Winter überstanden ist?
Das denke ich auf jeden Fall. Stromkosten werden vermutlich langfristig auf hohem Niveau bleiben. Der Ausbau von erneuerbaren Energien und deren Speicherung muss stark ausgebaut werden. Wir haben also alleine schon aus Kostengründen ein Interesse, unseren Verbrauch, wo immer es geht, zu senken. Und als Forschungsinstitut nehmen wir auch unsere gesellschaftliche Verantwortung wahr. Wir sind zwar schon im Jahr 2020 komplett auf Wasserstrom umgestiegen und konnten dadurch unseren CO2-Abdruck deutlich reduzieren. Aber wir können noch mehr tun. Die Wärmerückgewinnung aus unseren Anlagen bauen wir stetig aus. Vier Photovoltaikanlagen haben wir bereits auf unseren Dächern und wir haben konkrete Pläne, weitere zu bauen.