Ein Ofen für sichere Holzbauten
Ein Hausbrand verläuft nicht immer gleich. Der brennbare Stoff fängt Feuer, die Temperatur nimmt zu, der Brand wächst und breitet sich aus. Das vorhandene Raumvolumen, die Brandlast, die Temperatur und die Sauerstoffkonzentration im Brandraum beeinflussen dessen Verlauf. Wie sich Holzstrukturen in verschiedenen Brandszenarien verhalten, soll die jüngste Anschaffung des Instituts für Baustatik und Konstruktion am Departement Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich zeigen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden wiederum dabei helfen, die Einsatzmöglichkeiten des sicheren und nachhaltigen Baustoffes Holz zu erweitern.
Brandverläufe präzise simulieren
Der speziell für Brandsimulationen entwickelte Ofen kostete inklusive Umbaumassnahmen rund 2,5 Mio. Franken, sieht robust aus und ist in der Heizzentrale des Campus Hönggerberg untergebracht. Es handelt sich um einen mit Stahlträgern verstärkten Metallkubus mit einer Brennkammer, die einen Meter hoch, einen Meter breit und knapp 1,7 Meter lang ist. Befeuert wird sie von 10 Gasbrennern, die je zur Hälfte auf den beiden Längsseiten angebracht sind. Sie können den Ofen auf über 1'400 Grad aufheizen. Mit mehreren Kameras ausserhalb der Brennkammer werden die Tests aufgezeichnet und auch die Zusammensetzung der Brandgase lässt sich analysieren.
«Wir können die Temperatur im Ofen und ebenso den Sauerstoffgehalt genau einstellen», erklärt Andrea Frangi stolz. Ausserdem können die Holzbauteile oder andere gängige Baumaterialien während der Tests mit bis zu 50 Tonnen belastet werden. Der Professor für Holzbau hat die Beschaffung des Brandsimulators initiiert und dessen Spezifikationen mitbestimmt. «Der Ofen erlaubt es uns, verschiedene Brandverläufe zu simulieren und deren Auswirkung auf die Holzstrukturen zu testen.»
Holz als Baustoff ist nachhaltig und sicher
Der Holzbau boomt in der Schweiz. Und die Gebäude wachsen. In Regensdorf, Zug, Winterthur und Zürich werden derzeit Holzhochhäuser mit einer Höhe von 75 bis 108 Metern geplant oder befinden sich bereits im Bau. Dass dies überhaupt möglich ist, liegt auch an jahrzehntelanger Forschungsarbeit, wie sie Frangis Gruppe im Brandsimulator betreibt. Neue Bauprodukte und Technologien zur Verbindung von Holzbauteilen ermöglichen zudem immer grössere und ausgefallenere Konstruktionen.
Bis 2004 waren hierzulande lediglich ein- bis zweistöckige Gebäude mit einer Tragstruktur aus Holz erlaubt. Ab 2005 lag die Grenze bei sechs Stockwerken und seit 2015 gibt es faktisch keine Obergrenze mehr. «Bei den geplanten Hochhäusern handelt es sich sicher um Leuchtturmprojekte», sagt Frangi. «Aber bei mittelhohen Bauten hat sich Holz als Baumaterial längst etabliert und überzeugt durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, Nachhaltigkeit und Sicherheit». Letzteres mag erstaunen, aber während sich Stahlträger im Brandfall verformen können und dadurch instabil werden, können Holzkonstruktionen länger ihre strukturelle Integrität behalten.
Die Tragfähigkeit eines Holzbalkens im Brandfall wird im Wesentlichen durch seine Grösse bestimmt. Brennt der Balken, werden auf den Seiten, die dem Feuer ausgesetzt sind, pro Stunde rund vier Zentimeter des Holzes in Holzkohle umgewandelt. Mögliche Schwachstellen sind Verbindungselemente und konstruktive Details. Um die Einsatzmöglichkeiten des modernen Holzbaus zu erweitern, will Andrea Frangi mit seinem Team das Abbrandverhalten von Holzbauteilen und Verbindungen unter realistischen Bedingungen weiter erforschen. «Der Bausektor verursacht einen grossen Teil der klimaschädlichen Emissionen. Mit unserer Forschung können wir dazu beitragen, dass noch mehr der nachwachsenden und CO2-speichernden Ressource Holz als Baumaterial verwendet wird.», ist Frangi überzeugt.