50 Jahre Erfassung von Unwetterschäden in der Schweiz
Am Anfang dieser jahrzehntelangen Datenerfassung lag die Absicht, den Bedarf von Methoden für den Wildbach- und Hangverbau aufzuzeigen. Aus diesem Grund wurde an der damaligen Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen EAFV (der heutigen Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL) damit begonnen, alle Schäden zu erfassen, welche in der Schweiz durch natürlich auftretende Hochwasser, Murgänge und Rutschungen entstanden. Als primäre Grundlage dafür diente damals wie heute ein umfassendes Medienmonitoring.
Nach schweren Unwettern in den Jahren 1977/78 und 1987 wurden neue Bundesgesetze zum Wasserbau und Wald erarbeitet, welche die Kantone dazu verpflichteten, Gefahrenkarten und -kataster zu erstellen. Damit gewann eine nach einheitlichen Grundsätzen bereitgestellte Schadensübersicht weitere Bedeutung. So wurde die Unwetterschadens-Datenbank im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU weitergeführt und ab 2002 zusätzlich Sturzereignisse in den Katalog aufgenommen.
Wir haben nun das schadenreiche Jahr 2021 aufgearbeitet und die Sturzereignisse (Steinschlag, Fels- und Bergstürze) für die Jahre 1972 bis 2001 mittels Archiven rückblickend erfasst. So liegt heute eine 50-jährige Datenreihe für Schäden infolge Hochwasser, Murgängen, Rutschungen und Sturzereignissen vor.
Grösste Schäden 1987 und 2005
Seit 1972 sind in über 27000 Datenbankeinträgen Schadenskosten von gut 15 Milliarden Franken zusammengekommen. Die mit Abstand höchsten Kosten verursachen Hochwasser: Fast neunzig Prozent der Schadenssumme gehen auf sie zurück. Auf der Kartenansicht wird deutlich, dass in den letzten 50 Jahren kaum eine Gemeinde verschont blieb.
Allerdings sind einige wenige Grossereignisse für den Löwenanteil der Schadenssumme verantwortlich. Das schadensreichste Hochwasser der letzten 50 Jahre fand am 21. und 22. August 2005 statt. Es verursachte Schäden von rund drei Milliarden Franken und betraf fast jede dritte Gemeinde der Schweiz. Das zweitschlimmste Unwetter vom Sommer 1987 mit gut 1,1 Milliarden Franken Kosten (teuerungsbereinigt) betraf vor allem den Alpenraum, mit grossen Schäden in den Kantonen Uri, Tessin und Graubünden.
Gefahrenkarten und Umweltbeobachtung
Wem nützt es, solche Fakten zu kennen? Gemeinden und Ingenieurbüros verwenden unter anderem Informationen zu Schadensereignissen, um Gefahrenkarten zu erstellen, und diese müssen regelmässig aktualisiert werden. Zudem kommt die Unwetterschadens-Datenbank in der Forschung zum Einsatz. Auch für die Indikatoren des BAFU zum Zustand und der Entwicklung der Umwelt wird sie gebraucht: Zwei der insgesamt acht Indikatoren zum Thema Naturgefahren beziehen Informationen aus ihr.
Generell lassen sich Schäden vor allem dann verhindern oder begrenzen, wenn Gefahren bekannt sind. Es ist deshalb von zentraler Bedeutung, dass Informationen zu vergangenen Ereignissen gesammelt werden und verfügbar sind. Die Datenreihe zu den Unwetterschäden in der Schweiz kann somit als kollektives Gedächtnis verstanden werden.
Informationssammlung seit 1972
Die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL sammelt seit 1972 systematisch Informationen über Unwetterschäden. Die mit massgeblicher Unterstützung des Bundesamts für Umwelt BAFU erstellte Datenbank enthält Angaben zu Schäden durch Hochwasser, Murgänge und Rutschungen sowie zu Steinschlägen, Fels- und Bergstürzen. Schäden als Folge von Lawinen, Schneedruck, Erdbeben, Blitzschlag, Hagel und Sturmwind werden in den Auswertungen nicht berücksichtigt. Die Abschätzung der Sach-, Infrastruktur-, Wald- und Landwirtschaftsschäden basiert hauptsächlich auf Medienberichten. Die Daten stehen Fachleuten auf Anfrage zur Verfügung und bilden eine wichtige Grundlage zur Gefahrenbeurteilung. Die Erhebung zu den Unwetterschäden durch die WSL dient der Umweltberichterstattung des Bundesamts für Umwelt BAFU.